THE ADDICTION

THE ADDICTION dürfte Abel Ferraras letzter wirklich guter Film gewesen sein (danach folgte noch der okaye THE FUNERAL) und ist neben BAD LIEUTENANT und KING OF NEW YORK einer der Höhepunkte seiner Zusammenarbeit mit dem Drehbuchautor und langjährigen Freund Nicholas St.

John. Es ist ein ebenso schönes wie düsteres Porträt der Stadt New York, und Lili Taylor, die man eigentlich viel zu wenig in größeren Filmen zu sehen bekommt, spielt die Philosophie-Studentin Kathleen Conklin, die eines Abends eine Begegnung mit einer Vampirin (Annabella Sciorra) hat, die ihr Leben entscheidend verändert.

Wie ein heroinsüchtiger Junkie benötigt sie plötzlich Blut für den nächsten Kick, das Sonnenlicht beginnt zu schmerzen und ihre Betrachtungsweise der menschlichen Existenz bezüglich der Abgrenzung zwischen Gut und Böse ändert sich schlagartig ("We are not sinners because we sin.

We sin because we're sinners."). Irrtümlicherweise hielt man THE ADDICTION oft für eine Parabel über Suchtverhalten, aber Ferrara geht es wohl eher um philosophische Fragen hinsichtlich der Beschaffenheit des menschlichen Innenlebens, denen er wie in vielen anderen seiner Filme mit ausgeprägtem, wenn auch nicht unkritischem Katholizismus und der damit verbundenen Idee von Erlösung und Läuterung begegnet, was ihn und den Religionslehrer und regelmäßigen Kirchgänger Nicholas St.

John wohl vor allem miteinander verband. Provokant wie immer verknüpft Ferrara dabei in stilisiertem Schwarzweiß Bilder des Holocaust und Vietnam, gängige Horrorfilm-Elemente und ausgiebige Philosophie-Exkurse, untermalt von Rap, was unter dem Strich einen Film ergibt, der für ein Horrorfilm-Publikum nur enttäuschend sein kann, vor allem hinsichtlich des Finales.

Christopher Walken hat hier noch einen großartigen Auftritt als Vampir Peina, sozusagen als Vertreter des Nihilismus' von Nietzsche, der Kathleen in drastischer Form das Wesen eines Vampirs nahe bringt ("The entire world's a graveyard, and we, the birds of prey picking at the bones.

That's all we are. We're the ones who let the dying know the hour has come."). Nach wie vor ein äußerst sehenswerter Film, wenn man keine Angst vor Debatten über Sartre, Kierkegaard und Determinismus hat.

Die Kinowelt-DVD ist zwar in technischer Hinsicht und bezüglich des Bonusmaterials eher Mittelmaß (deutsch synchronisiert wurde der Film nie, also gibt es auch hier nur das Original mit Untertiteln), aber ich tausche sie nur zu gerne gegen meine bisherigen, viel schlechteren VHS-Fassungen ein, denn es gibt nur wenige dermaßen eigenwillige Filme wie THE ADDICTION, die einem noch lange im Kopf herumspuken, und der auch nicht nur was für abgehobene Cineasten ist.