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STAATSGEHEIMNIS

Das überschaubare Schaffen des Briten Sidney Gilliat als Regisseur sollte nicht zu der Annahme verleiten, dass dieser völlig bedeutungslos für die Filmindustrie Englands war. Zwar hat Gilliat zwischen 1943 und 1972 nur gut zehn Filme gedreht (einige liefen auch in den deutschen Kinos), dafür war er als Drehbuchautor und Produzent umso produktiver. Zusammen mit seinem langjährigen Partner Frank Launder schrieb er etwa die Drehbücher für Hitchcocks „Eine Dame verschwindet“ und Carol Reeds „Night Train to Munich“. 1939 war Gilliat auch an Hitchcocks „Riff-Piraten“ als Co-Autor beteiligt. Sein letzter Film war 1971 die mittelprächtige Agatha Christie-Adaption „Mord nach Maß“. Sein Film „Staatsgeheimnis“ („State Secret“), mit Douglas Fairbanks junior in der Hauptrolle, dem Sohn eines der berühmtesten Stummfilmschauspieler Hollywoods, lief ebenfalls hierzulande im Kino und wurde jetzt in ansprechender Qualität das erste Mal auf DVD veröffentlicht. Man merkt durchaus, dass Hitchcocks Schaffen nicht spurlos an Gilliat vorübergegangen ist, denn auch er kann dem oft variierten Thema des unschuldig Verfolgten neue Seiten abgewinnen. Fairbanks spielte darin den amerikanischen Arzt John Marlowe, der wegen einer von ihm entwickelten neuartigen Operationsmethode in den fiktiven osteuropäischen Staat Vosnien gelockt wird, um das schwerkranke Staatsoberhaupt des kleinen Landes zu behandeln. Als der Diktator stirbt, will man den lästigen Mitwisser loswerden und Marlowe muss flüchten. Was als erstaunlich politischer und dystopischer Blick auf totalitäre Regime beginnt, wird gegen Ende leider immer mehr ein konventioneller „Auf der Flucht“-Thriller, der aber aufgrund seiner stimmigen Noir-Atmosphäre und der ungewöhnlichen italienischen Kulisse immer noch für überdurchschnittliche Unterhaltung sorgt.