SPIEL MIR DAS LIED VOM TOD

Auf das Konto des kultisch verehrten italienischen Regisseurs Sergio Leone gehen in seiner 30-jährigen Karriere nur sieben Filme (an fünf weiteren war er „uncredited“ beteiligt), wobei er in den Fünfzigern bei zahlreichen Produktionen als Regieassistent beschäftigt war, bevor er 1961 seinen ersten Spielfilm DER KOLOSS VON RHODOS drehte.

Und da fünf dieser sieben Filme auch noch Western waren, wird Leone bis in alle Ewigkeit mit diesem Genre verknüpft bleiben, das er auf sehr europäische Weise neu definierte und mit schmuddeligen Charakteren in moralischen Grauzonen ausstaffierte.

Doch nach seiner immens erfolgreichen, in den Jahren 1964 bis 1966 entstandenen Dollar-Trilogie hatte Leone eigentlich gar keine Lust mehr auf Western und arbeitete bereits intensiv an ES WAR EINMAL IN AMERIKA, doch die amerikanischen Studios zeigten wenig Interesse an diesem Projekt und wollten lieber einen weiteren Western von ihm haben.

Dabei kam dann SPIEL MIR DAS LIED VOM TOD heraus, der eigentlich „Es war einmal im Westen“ heißen müsste, wenn man den italienischen Titel C’ERA UNA VOLTA IL WEST originalgetreu übersetzen würde.

Aber zu dieser Zeit waren Italowestern für deutsche Verleiher immer noch niveaulose Schmuddelfilme für die Bahnhofskinos und da ließ sich natürlich ein reißerischer Titel besser vermarkten.

Zahlreiche inhaltliche Veränderungen weist auch die Synchro insgesamt auf. Es soll ja tatsächlich Menschen geben, die SPIEL MIR DAS LIED VOM TOD nicht mögen, weil sie angeblich Western generell ablehnen und der Film mit über zweieinhalb Stunden auch viel zu lang sei.

Wer Leones monumentalen fast opernhaften Western allerdings aus gutem Grund für ein absolutes Meisterwerk hält, braucht da sicherlich schon bessere Argumente. Zumal SPIEL MIR DAS LIED VOM TOD auch unter handwerklichen Gesichtspunkten kaum perfekter sein könnte und wie kaum ein anderer Film visuelle Gestaltungsmittel mit Musik zu einer fest verbundenen Einheit macht, ohne dass Leone damit sein Publikum wie viele amerikanische Filme nur plump manipulieren würde.

Diese Musik stammt bekanntlich von einer anderen Ikone der italienischen Kulturlandschaft, nämlich Ennio Morricone, der die Musik für mittlerweile 500 Filme schrieb und ähnlich wie Leone vor allem den europäischen Western wie kein anderer prägte.

Immer gut wiedererkennbare, ungewöhnliche Klänge, die bereits Leones Dollar-Trilogie so unvergesslich gemacht hatten. Und am Drehbuch waren neben Sergio Donati mit Dario Argento und Bernardo Bertolucci ebenfalls keine Unbekannten beteiligt, die wenig später selbst international anerkannte Regisseure wurden.

Hinzu kam noch eine fantastische Besetzung in Gestalt von Henry Fonda, Claudia Cardinale, Jason Robards, Woody Strode, Jack Elam, Lionel Stander und natürlich Charles Bronson als schweigsamer Rachengel Harmonika.

Eigentlich muss man von diesem, im ersten Moment etwas verwirrend konstruiert wirkenden Film schon nach der grandiosen, etwas mysteriösen Anfangssequenz absolut gefesselt sein, die in faszinierend langen Einstellungen zeigt, wie drei verkommene Subjekte an einem heruntergekommenen Bahnhof auf das Eintreffen eines Zuges warten, genauer gesagt auf einen gewissen Harmonika, was zu folgendem denkwürdigen Dialog führt.

Harmonika: „And Frank?“ - Snaky: „Frank sent us.“ - Harmonika: „Did you bring a horse for me?“ - Snaky: „Well... looks like we’re... looks like we’re shy one horse.“ - Harmonika: „You brought two too many.“ Jetzt hat auch dieses zeitlose Meisterwerk, ein zynischer Abgesang auf den klassischen Western, den Weg auf das Medium Blu-ray gefunden, aber Menschen, die sich mal die vor ein paar Jahren erschienene Special Collector’s Edition von Paramount zugelegt hatten, brauchen deshalb nicht gleich in Panik verfallen, den in Sachen Extras gibt es hier keinen Mehrwert und auch die Bildqualität wurde nur minimal verbessert.

Aber wer SPIEL MIR DAS LIED VOM TOD noch nicht sein eigen nennt, sollte vielleicht besser gleich zur Blu-ray greifen. Leones noch mal zehn Minuten längerer Director’s Cut bleibt aber aus lizenzrechtlichen Gründen auch weiterhin der italienischen DVD vorbehalten.