SONS OF NORWAY

Was kann man sich als Punk schlimmeres vorstellen, als dass der eigene Vater die jugendliche Rebellion des Sprösslingsunterstützt, ja sogar in dessen Punkband aushilfsweise Schlagzeug spielt? Da möchte man doch glatt lieber ein Spießer sein ...

Nikolaj, er ist vielleicht zwölf, isteigentlich ein wohlbehütet aufwachsender Sohn von progressiven Hippie-Eltern, die es sich mit ihren beiden Kindern und etwas zu Geld gekommen – der Vater istArchitekt – in der Osloer Vorstadt zwischen Bürgerlichkeit und Rebellion bequem zu machen versuchen.

Eine behütete, unbeschwerte Kindheit, bis das Schicksalzuschlägt und alle Beteiligten aus der Bahn wirft. Nikolaj entdeckt Punk, genauer gesagt die SEX PISTOLS (deren Musik im Film auch prominent vertreten ist), und erund seine Kumpels proben durch kindliche Pöbeleien den Aufstand – wobei Nikolaj dabei auch noch von seinem Vater gedeckt wird, als er Scheiße baut.

Eine früheVersion des Klischees, dass Punk-Eltern Spießerkinder bekommen, mit der hier angenehm klischeefrei gespielt wird. „Sons Of Norway“ ist eine früh im Lebenangesiedelte Coming Of Age-Geschichte, in einer originalgetreu inszenierten Spätsiebziger Ikea-Welt, die hier und da karikaturhaft überzeichnet wirkt, aber nie inbilligen Klamauk abdriftet.

Vor allem aber hat Filmemacher Jens Lien Punk verstanden, also den Spaß an Provokation, Lärm und sinnloser Aggression, denn er zeigtseine jugendlichen Protagonisten so, wie man sich selbst noch an seine verzweifelte Sturm und Drang-Phase erinnert.

Dazu läuft dann die brüllend laute Musik derSEX PISTOLS – das reißt mit. Ein schöner, kleiner, typisch norwegischer Film ohne plumpe Klischees – alleine dafür gebührt Lien schon Respekt. Ganz zum Schluss,beinahe wie in einer Traumsequenz, taucht dann noch für eine Minute der echte, alte Johnny Rotten auf und spricht weise Worte ...

Joachim Hiller