Yep, bei Punkrock mit Frauengesang oder, wie der Engländer sagt, "female vocals", spitze ich immer sofort die Ohren, denn die Kombination aus harscher Punkmusik einerseits und dem meist zart-melodiösen Gesangsstil der meisten Frauen bildet oft einen interessanten Gegensatz.
Alte, längst vergessene Bands wie DAN oder JOYCE McKINNEY EXPERIENCE haben es mir dabei besonders angetan, und mir ist es beinahe unverständlich, wie ich da bislang SHELLEY'S CHILDREN und CUCKOOLAND übersehen konnte.
Nun, womöglich hat es etwas damit zu tun, dass die Band aus dem englischen Reading Ende der Achtziger nur eine 12" sowie ein Mini-Album auf dem eigenen Label veröffentlichte und sich dann noch während der Aufnahmen zum ersten Album auflöste, um etwas später mit leicht veränderter Besetzung unter dem Namen CUCKOOLAND wieder aufzutauchen.
Dank der Vorliebe von Damaged Goods-Boss Ian für Bands mit Frauengesang gibt es jetzt diesen Doppelpack an Rereleases der beiden Bands, die einerseits Teil der britischen Politpunk-Szene waren, andererseits aber nichts am Hut hatten mit schlecht gelaunter, crustiger Mucke mit gebellten Texten - die parallel existierenden NAUSEA seien hier als krasses Gegenbeispiel genannt.
Da sich bei SHELLEY'S CHILDREN gleich drei Damen mehrstimmig den Vokaljob teilen, ist das Ergebnis extrem zuckerig, hat beinahe was von schmalzigem Sixties-Pop à la SHANGRI-LAS und so weiter - aber eben nur beinahe.
An anderer Stelle ist man dann wieder Pop-Punk pur, erinnert auch mal an CHUMBAWAMBA und schreckt selbst vor Coversongs wie "Ginny come lately" nicht zurück. Auf dieser CD finden sich nun weitgehend alle Aufnahmen der Band, erwähnte 12" nebst dem Mini-Album und Compilationtracks.
Mit CUCKOOLAND ging es für einen Teil der Mitglieder(innen) nach kurzer Pause im Jahre 1992 weiter und Damaged Goods veröffentlichte diverse Singles sowie das Album "Pop Sensibility", und die Verwandtschaft der Band in Songwriting wie Umsetzung ist unverkennbar, wobei die neue Band noch ein ganzes Stück konsequenter den Pop-Weg beschritt.
Auf dieser CD finden sich alle Non-Album-Songs (dieses ist weiterhin erhältlich), und als einzigen Kritikpunkt muss ich hier vermerken, dass ich im Booklet doch gerne etwas mehr über die Band erfahren hätte und angesichts des Polit-Hintergrunds die Texte auch nicht uninteressant gewesen wären.
Wer sich eine Mischung aus BANGLES, CHUMBAWAMBA und "Crash" von den PRIMITIVES vorstellen kann ("Radio friendly" ist hierfür ein perfektes Beispiel), dem sei dieser Doppelrelease ans Herz gelegt.
(08/10)
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #64 Februar/März 2006 und Joachim Hiller