Auch auf Album Nummer neun erfinden sich SEETHER nicht neu und das müssen sie auch gar nicht. Noch immer zündet der Grunge-Rock der Band und seit den frühen 2000er Jahren kann man sich mit der Erfolgsformel sehr erfolgreich über Wasser halten. Warum also etwas ändern, wenn die Songs auch 2024 noch frisch und voller Energie daherkommen? Und vor allem wenn Sound und Songwriting so überzeugen wie auf dieser Platte. SEETHER zeigen zudem auch auf „The Surface Seems So Far Away“, wie sie ihre geradlinigen Songs mit kleinen spannenden Ideen aufpeppen können. Der nette Wutausbruch im letzten Drittel des Openers ist ein Paradebeispiel für solche Momente. Im Gegensatz zu vielen Genrekollegen geht SEETHER auch nicht nach drei Songs die Puste aus. Hier gibt es kein Abdriften in belanglos langweiligen Rock, auch wenn nach den ersten beiden Songs die Härte etwas zurückgefahren wird. Die Band pendelt dabei über die Strecke des Albums gewohnt zwischen ruhigeren Ohrwürmern der Marke „Beneath the veil“ und zornigen Nummern wie „Illusion“ so gekonnt hin und her, dass man sich positiv an STAIND, SHINEDOWN, BREAKING BENJAMIN und Co. erinnert fühlt. Der Sound ist dabei zum Niederknien. Auch der Spannungsbogen des Albums erinnert an die Glanztaten erwähnter Bands. Es startet hart, wird dann etwas gemäßigter, bevor sich die Wut wieder in den Vordergrund der Songs kämpft. Dazwischen streuen SEETHER immer wieder Soli ein, schlagen den einen oder anderen unerwarteten Haken und finden dann wieder den Refrain, der zum Mitsingen einlädt. Und an guten Melodien mangelt es der Band genauso wenig wie an knackigen Riffs, die ein perfektes Gegengewicht zu den ruhigen Parts darstellen. SEETHER behalten also auch mit „The Surface Seems So Far Away“ den Status einer der spannendsten Bands im Genre. Unterm Strich bleibt ein Album, an dem man nur das Fehlen einer Akustikballade bemängeln kann, denn diese wäre hier sicher das Salz in der Suppe gewesen.
© by Fuze - Ausgabe #108 Oktober/November 2024 und Marvin Kolb