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SCHACHNOVELLE

Kurz bevor sich der österreichische Schriftsteller Stefan Zweig im brasilianischen Exil 1942 das Leben nahm, hatte er sein letztes und bekanntestes Werk „Schachnovelle“ vollendet, das inzwischen auch als Schullektüre eingesetzt wird. 1938 hatten sich die Nazis Zweigs Heimatland einverleibt, und „Schachnovelle“ entstand unter dem Eindruck der nationalsozialistischen Willkürherrschaft. Als konkretes Vorbild diente das Schicksal des jüdischen Wiener Bankiers Louis Nathaniel von Rothschild, der 14 Monate im Gestapo-Hauptquartier Hotel Metropole festgehalten wurde, wo physische und psychische Misshandlungen Bestandteil der dort stattfindenden Vernehmungen waren. In „Schachnovelle“ erzählt Zweig aus der Ich-Perspektive die düstere Geschichte eines gewissen Dr. B., der 1940 mit dem Schiff nach Buenos Aires unterwegs ist, wo er sich mit einem Schachweltmeister misst. Wie man im weiteren Verlauf des Buches erfährt, besitzt das Schachspiel für Dr. B. eine besondere Bedeutung, da ihn die Nazis monatelang in einem Hotelzimmer festhielten, um seinen Willen brechen. Nur eine Sammlung berühmter Schachpartien, die er in einer Manteltasche entdeckte und stahl, verhinderte schließlich, dass er dabei nicht völlig den Verstand verlor. „Schachnovelle“ ist auch heute noch ein erschütterndes Plädoyer gegen jede Art von Folter, das bereits 1960 von Gerd Oswald mit Curd Jürgens, Hans-Jörg Felmy und Mario Adorf gelungen in atmosphärischen Schwarzweiß-Bildern verfilmt wurde. Die etwas weniger linear erzählte Neuauflage in etwas künstlich wirkender Digital-Ästhetik von Philipp Stölzl besitzt ebenfalls ihren Reiz und versucht, auf fast schon surreale Weise die zunehmende geistige Verwirrung der Hauptfigur noch stärker herauszuarbeiten und räumt auch der Folter-Tortur, der der Protagonist hier ausgesetzt ist, größeren Raum ein.