2004 gelang James Wan mit seinem Spielfilmdebüt „Saw“ ein echter Überraschungshit, der an der Kinokasse das hundertfache seiner Produktionskosten einspielte. Aufgrund dieses großen Erfolgs entstanden in Folge bis heute zehn weitere, ebenfalls kommerziell erfolgreiche Fortsetzungen – „Saw XI“ scheint bereits in Planung zu sein. Nach dem originellen ersten Film, in dem ein Jigsaw genannter Soziopath mit eigener Moral Rache an der Gesellschaft nimmt, bestanden die „Saw“-Filme vor allem aus einer Zurschaustellung innovativer Todesfallen, aus denen sich die Opfer des Killers befreien mussten (meist erfolglos), was gerade in den Teilen 3 und 4 zu beeindruckenden sadistischen Gewaltexzessen führte. Selbstverständlich hatten die meisten Filme deswegen hierzulande Probleme mit der FSK. Dass es sich bei den „Saw“-Filmen nicht ausschließlich um plumpe „Torture Porn“-Machwerke handelte, lag vor allem am ambivalenten, von Tobin Bell gespielten, erstaunlich sympathischen Bösewicht John Kramer, ein ehemaliger Bauingenieur, den die Fehlgeburt seiner Frau und ein bei ihm diagnostizierter inoperabler Gehirntumor zu einem Rächer mit moralischem Bewusstsein machten, der die Gesellschaft verbessern will. Der aktuell auf DVD und Blu-ray erschienene (ungeschnitten), knapp zweistündige „Saw X“ ist handlungstechnisch zwischen „Saw“ und „Saw II“ angesiedelt und widmet sich verstärkt Kramers gesundheitlichen Problemen, der auf eine zwielichtige Ärztin hereinfällt, die angeblich dessen Hirntumor mit einer neuartigen, nicht zugelassenen Behandlungsmethode heilen kann, wodurch die bekannte Jigsaw-Rachemaschinerie in Gang gesetzt wird. Kevin Greuterts Film erweist sich dabei aber in dramaturgischer und schauspielerischer Hinsicht als einer der gelungeneren Teile im „Saw“-Universum – Gore mit überraschend viel Herz.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #173 April/Mai 2024 und Thomas Kerpen