Foto

RYUICHI SAKAMOTO

12

Angekündigt war Ryuichi Sakamotos finales Album ursprünglich für den 17. Januar zum Geburtstag dieses legendären japanischen Musikers, der in seinem Heimatland bereits Ende der Siebziger, Anfang der Achtziger als Mitglied der Band YELLOW MAGIC ORCHESTRA, dem japanischen Äquivalent zu KRAFTWERK und DEPECHE MODE, eine Art Popstar war. Schließlich erschien das Album dann im Juni und landete mit etwas Verspätung nun auch noch auf meinem Tisch, als wirklich sehr schön aufgemachte Doppel-LP im Klappcover. Traurig daran ist nur, dass Sakamoto am 28. März 2023 verstarb und dieses aus zwölf musikalischen Skizzen bestehende Audio-Tagebuch über seinen Kampf gegen den Krebs nun zu einer Art Grabstein wurde. Sakamoto war während seiner Karriere ein virtuoser Grenzgänger zwischen E- und U-Musik, in dessen Popmusik-Arbeiten sich schon immer avantgardistische Kompositionstechniken mischten und der parallel zu seinen Studioplatten auch im Filmmusik-Bereich aktiv war, vor allem in letzter Zeit. Zu seinen frühesten Soundtrack-Arbeiten gehörte 1983 die Musik zu „Merry Christmas Mr. Lawrence“, wo er an der Seite von David Bowie auch selbst mitspielte. In den letzten Jahren waren seine Platten vor allem von instrumentalen Ambient-Klängen und Neo-Klassik geprägt, und auch „12“ besteht aus minimalistischen Klavierklängen (Stichwort „Serielle Musik“) und sphärischen Synthesizer-Schwaden. Das mag Menschen, die auf eher songorientierte Musik stehen, wahrscheinlich weniger ansprechen, aber Sakamotos Musik besitzt eine packende emotionale Qualität, die sicherlich noch durch den Umstand verstärkt wird, dass hier ein todkranker Mensch seine Empfindungen in Klang umgewandelt hat, was „12“ gleichermaßen zu einem wunderschönen wie unglaublich traurigen Album macht.