RUEFREX

Capital Letters ... The Best Of ... CD

Es passiert eigentlich so gut wie nie, dass im Ox-HQ Rereleases von Bands eintreffen, von denen dort noch niemand je was gehört hat. Dafür sind Teile der dort versammelten Menschen viel zu sehr Collector-Nerds, die beinahe alle Indie-Veröffentlichungen der Achtziger im Schrank stehen haben und dich bei deiner Nichtkenntnis obskurer New Wave-Bands erst mitleidig ansehen und dir dann Nachhilfe in Sachen Musikhistorie geben.

Bei den aus dem nordirischen Belfast stammenden RUEFREX war aber genau das der Fall, was umso mehr verwundert, weil die Jungs damals sogar relativ "big" waren. Unter dem Namen ROOFWRECKS Ende 1977 von dem Schlagzeuger Paul Burgess und dem Bassisten Tom Coulter gegründet, erfuhr die Band ein paar Mitgliederwechsel, um dann 1979 mit dem Sänger Allan Clarke und dem Gitarristen Jackie Forgie zu einem festen Line-up zu gelangen und die erste Single "One By One" zu veröffentlichen.

Aus persönlichen Gründen legte man die Band kurz darauf auf Eis, erst 1983 kamen sie wieder zusammen, jetzt mit Gary Ferris als Gitarristen. Es sollte aber nicht lange dauern, bis der ausgestiegene Forgie zurückkehrte, so dass man fortan mit zwei Gitarristen spielte.

Bis zum Jahre 1987 veröffentlichten RUEFREX dann noch vier Singles, das Album "Flowers For All Occassions" und die Abschieds-Mini-LP "Political Wings", bis sie sich endgültig trennten. Dem Split vorangegangen war noch der Ausstieg Coulters, der zwar durch Ex-STIFF LITTLE FINGERS Gordy Blair als Musiker ersetzt wurde, das Auseinanderbrechen des Songwriter-Duos Coulter/Burgess läutete das Ende der RUEFREX aber schon relativ früh ein.

Soweit die bloßen Fakten, aber auch musikalisch machten RUEFREX einige Wandlungen durch. Konnte man ihre Musik anfangs noch mit Bands wie den STIFF LITTLE FINGERS, NEWTOWN NEUROTICS aber auch THE CLASH vergleichen, entwickelten sich RUEFREX im Laufe der Zeit über den Zwischenstopp New Wave immer stärker in Richtung Pop, klangen ihre Songs immer mehr nach eher konventioneller Rockmusik als nach Punkrock.

Damit ist natürlich der Indierock der Achtziger gemeint und kein Stadionrock. Trotzdem sahen damals manche Menschen in ihnen schon die neuen U2. Wie bereits erwähnt, wurde der Mainstream irgendwann auf die Band aufmerksam, Titelstorys im Melody Maker inklusive.

Mehr als die Musik interessierte die Presse aber die politische Einstellung der Band, die sich eindeutig links positionierte und eine echte Umwandlung der Gesellschaft anstrebte - nix mit "No Future" - und die die aggressive Außenpolitik der USA und deren Unterstützung terroristischer Gruppen in Nordirland scharf angriff - unter anderem in dem Song "The wild colonial boy" - und sich ganz klar gegen den fortwährenden Krieg in Nordirland äußerte, ohne sich auf die Seite einer der beteiligten Parteien zu schlagen.

Was ihnen natürlich Konflikte mit Vertretern beider Seiten einbrachte. Ihr politisches Engagement haben Teile der Band bis heute beibehalten, Paul Burgess doziert mittlerweile als Universitätsprofessor und ist auch als Buchautor in Sachen soziale Probleme in Nordirland tätig.

2003 reformierten sich RUEFREX für zwei Auftritte, "Capital Letters ... The Best Of ..." ist jetzt die dazu passende Konserven-Aufarbeitung, an der es nur eins zu bemängeln gibt. Warum hat man bei dem doch eher geringen Output der Band nicht gleich alles je veröffentlichte auf eine Doppel-CD gepackt, anstatt nur zwanzig Songs auszuwählen? Die dokumentieren die Entwicklung der Band zwar sehr gut, die fehlenden Sachen hätte ich aber auch gerne gehört.

Dafür wurden aber alle Texte und eine sehr ausführliche Bandhistory im Booklet abgedruckt. Trotzdem bleibt "Capital Letters ..." eine lohnende Sache, gerade wegen Übersongs wie "One by one", "Capital letters" oder "The wild colonial boy".

(09/10)