RITUAL HOWLS

Turkish Leather

„Turkish Leather“ ist für mich ein Anwärter für das Album des Jahres. Das Trio aus Detroit verbindet auf seinem zweiten Album auf kongeniale Weise die besten Momente von PROJECT:KOMAKINO, SHE PAST AWAY, Ennio Morricone, WALL OF VOODOO und RED LORRY YELLOW LORRY und schafft dabei eine dunkel pulsierende Soundfläche, die über das Rückenmark direkt in den Neocortex vordringt und dort wütet.

Das Album kreiert eine Atmosphäre, wie sie Ian Curtis in seinem imaginären Zimmer ohne Fenster im JOY DIVISION-Song „Shadowplay“ empfunden haben mag. Die pulsierenden Bassläufe in Kombination mit dem Bariton von Sänger und Gitarrist Paul Bancell erzeugen ein Gefühl von Eindringlichkeit und Isolation in einem Zimmer, in dem nach Mitternacht zähflüssiges Öl von der Decke tropft, während man in der Ecke sitzt und den Morgen herbeisehnt, weil an Schlaf nicht zu denken ist.

„My friends“ ist ein Song, der alles hat, was einen die Paranoia zelebrieren lässt. Die Texte könnten nach der Cut-up-Technik von William S. Burroughs entstanden sein und tragen die Ideen von Edgar Allen Poe, Philipp Mainländer oder H.P.

Lovecraft in sich. Dunkelheit kann ein Hafen sein, wenn man sich darauf einlässt. RITUAL HOWLS nehmen einen dabei mit offenen Armen auf. „Turkish Leather“ ist die perfekt passende Musik zum Hauptwerk von Philipp Mainländer, „Die Philosophie der Erlösung“, laut Theodor Lessing „vielleicht das radikalste System des Pessimismus, das die philosophische Literatur kennt“.