REVOLTING COCKS

Cocked & Loaded CD

Kaum hat Al Jourgensen das Drogenschlucken, -rauchen, -schnupfen und -spritzen aufgegeben, hat er sich schon wieder eine andere Addiction zugelegt und entwickelt sich zum Workaholic. Erst MINISTRY, dann REVOLTING COCKS, demnächst nochmal MINISTRY, später dieses Jahr eventuell LARD - so geht das, wenn man sich im Studio vergräbt.

Im Interview in Ox #63 hatte der Meister ja schon einiges verraten zu diesem neuen Album, und ich muss sagen, ich bin spontan sehr angetan vom ersten neuen RC-Werk seit zehn Jahren. Dazu trägt natürlich auch bei, dass Jourgensen sich ein paar feine Gäste ins Studio eingeladen hatte: Jello Biafra fühlte schon mal vor, was in Sachen LARD so geht und sang deshalb zwei Songs ein ("Dead end street", "Viagra culture"), Gibby Haynes von den BUTTHOLE SURFERS war auch da, Rick Nielsen und Robin Zander gleichfalls, und unter (Wahl-)Texanern hilft man sich aus, also fand auch Billy Gibbons von ZZ TOP den Weg ins Studio, sowie Phildo Owen, einst bei den SKATENIGS und jetzt wohl fester Teil der neuen RC.

Eine illustre Gesellschaft also, in der sich Herr Jourgensen da bewegt, und auch wenn mir die Entscheidung schwerfällt, so muss ich doch sagen, dass "Cocked & Loaded" trotz hoher Leistung auch unter dem Namen MINISTRY deren letzte beide Releases toppt.

Stilistisch erinnern mich die Songs hier ein ums andere Mal an den anderen großen Weirdo-Zampano des US-Undergrounds, und ja, die Rede ist von Jim "Foetus" Thirlwell, speziell der orchestrale Rausschmeißer erinnert verblüffend an dessen Soundtüfteleien.

Ansonsten ist "Cocked & Loaded" ein Frontalangriff auf die Sinne, Aggro-Noise in Dolby Surround, eine wilde Fusion aus Metal, Hardcore, Rock, Industrial und Pop, und wenn man schon dabei ist, covert man sich eben auch selbst, so geschehen beim Opener "Fire engine", der einst zusammen mit Iggy Pop geschrieben wurde, oder andere, so geschehen bei "Dark entries" von BAUHAUS, das hier "Caliente" heißt, und dass irgendwo auch "We will rock you" von QUEEN verwurstet wird, zählt nicht weiter.

Ein bombastisches, fulminantes Album, großes Kino, ein Musik gewordener Action-Film mit exzellenten FX und coolen Stunts und sogar noch einer okaynen Handlung - gute Akteure reißen's eben immer raus.

(43:44) (09/10)