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REDACTED

Brian De Palma ist ja eher als Regisseur bekannt, der zu einer Form opulenter Überästhetisierung neigt, insofern überrascht es ein wenig, dass auch er in seinem aktuellen Film dem Virus des Realismus’ mit Hilfe von Youtube-Video-Wackelbildern erlegen ist.

Und so ist REDACTED eine Art Mischung aus FULL METAL JACKET und THE BLAIR WITCH PROJECT geworden, eine fiktionale Aufarbeitung des Massakers von Mahmudiyya am 12. März 2006 in einer Stadt südlich von Bagdad, bei dem fünf US-Soldaten eine 14-jährige Irakerin vergewaltigten und ermordeten und ebenfalls deren Eltern und Schwester töteten.

De Palma dient dieser Vorfall zur exemplarischen Aufarbeitung der inhumanen Dynamik kriegerischer Prozesse, bei denen der Mensch letztendlich in moralischer Hinsicht kapitulieren muss, da die Unterscheidung zwischen Gut und Böse in dieser speziellen Situation einer perfiden Form von Logik zum Opfer fällt, was man nicht zum ersten Mal im Bereich des Anti-Kriegsfilms zu Gesicht bekommt.

Nur, dass an die Stelle des Vietnamkriegtraumas inzwischen der Krieg im Irak getreten ist, der für den Großteil der Kinozuschauer eine aktuellere Bedeutung besitzt – an der Botschaft solcher Filme hat sich allerdings nichts grundsätzliches geändert.

Es ist eher die ästhetische Form, die REDACTED von vergleichbaren Werken unterscheidet, denn De Palma versucht hier durch seinen absichtlich windschiefen Videolook mit einem Hyperrealismus aufzuwarten, der allerdings inzwischen schon wieder überholt wirkt – der BLAIR WITCH PROJECT-Effekt eben.

Mal abgesehen davon ist REDACTED auch ansonsten kein besonders guter Film geworden, was vor allem daran liegt, dass sein vermeintlicher Realismus immer wieder durch die überzeichneten Charaktere der Soldaten torpediert wird, die mehr Karikaturen ihrer selbst sind als lebensnahe menschliche Wesen – man kommt sich teilweise vor wie im Psychopathenstadl.

Sicherlich, auch REDACTED besitzt nachhaltig Wirkung zeigende, verstörende Momente, „thought provoking“ wie man so schön sagt, wenn es um die konkreten Kriegshandlungen geht, vor allem hinsichtlich der berühmten Kollateralschäden in Form von toten Zivilisten.

Aber wenn De Palma seine Akteure vor der Kamera zu Wort kommen lässt, erinnert das mehr an Big Brother oder ein Theaterstück mit Laiendarstellern. In diesen Momenten verspielt REDACTED nicht nur seine Glaubwürdigkeit, er wird auch schlichtweg langweilig, denn dieses Monologisieren macht die innere Beschaffenheit der Protagonisten auch nicht wirklich transparenter.

Den Höhepunkt in dieser Hinsicht stellt dann der emotionale Zusammenbruch eines der am Massaker beteiligten Soldaten im Kreise seiner Freunde zu Hause in Amerika dar, Schmierentheater der übelsten Sorte und typisch für den durchwachsenen inhaltlichen Anspruch von REDACTED.

Schade eigentlich, denn aus diesem Thema hätte man sicher mehr machen können als so eine plumpe Verteufelung des Irakkriegs. Ich könnte wirklich jeden US-Soldaten gut verstehen, der sich durch De Palmas Darstellung beleidigt fühlt, der die GIs überwiegend als unkontrollierbare Kriminelle charakterisiert – eine sehr unglückliche polemische Verallgemeinerung.

Und eigentlich kann es De Palma auch viel besser, das hatte er 1989 mit CASUALTIES OF WAR deutlich gezeigt, wo er in ambivalenter Form ein Kriegsverbrechen aus den 60ern in Vietnam aufgearbeitet hatte und damit verbunden die Entmenschlichung der Soldaten in so einer Extremsituation.

Als Diskussiongrundlage kann man sich REDACTED sicherlich mal anschauen, gute Antikriegsfilme sehen aber anders aus.