Ein Release, bei dem ich demütig werde in Zeiten, da manche Labels schon pampig werden, wenn man sich als Musikschreiber nicht mit einem Streaming-Link zufrieden gibt, sondern dreisterweise nach einer CD zu fragen wagt: Das polnische Antena Krzyku-Label, das diesen Release in Kooperation mit Macina Dischi aus Italien verantwortet, hat mir doch echt die handnummerierte 001 von 300 Exemplaren dieses Meisterwerks der Schallplattenkunst geschickt.
Grandios schon das Cover: dicker schwarzer Karton, innen wie außen zweifarbig im Siebdruckverfahren verschönert, haptisch wie optisch ein Genuss. Das Vinyl: transparent mit schwarzen Schlieren, sehr schön.
Und die Musik? Eigenwillig. QUI aus Los Angeles auf der A-Seite, und wer da David Yow sagt, liegt im Grunde richtig, kommt nur etwas zu spät: der ist als Sänger schon eine ganze Weile nicht mehr dabei, Paul Christensen (dr/voc) und Matt Cronk (gt/voc) wuppen das Projekt jetzt als Duo.
Auf ihrer Seite der Split-LP, „Fuck outer space“ betitelt und 22:15 lang, improvisieren und mäandern sie vor sich hin. Etwas schwer zu fassen, wie bei einem Film, wo man ein paar Minuten unaufmerksam war und dann schon meint, aus Versehen umgeschaltet zu haben.
Lange ruhige Strecken, teils mit Piano und zweistimmigem Gesang, werden unvermittelt von noisigen Intermezzi durchbrochen, und ich komme mir vor, als hätte ich nach dem Hören einem QUI-Auftritt in einer kleinen Bar beigewohnt.
Auf der Flipside finden sich sechs Songs von ULTRAKELVIN, einer Noise-Punk-Band aus Padova in Italien. Die Band an sich ist neu, die Beteiligten jedoch kennt man von den seit 1999 aktiven KELVIN sowie von PUTIFERIO, einer „post-core no wave band“, die von 2007 bis 2013 aktiv war.
Mich erinnert ihr fraktionierter, komplexer, frickeliger, aber immer voranstürmender und im Vergleich zu QUI fast schon konventioneller Sound an Hektiker wie NOMEANSNO und VICTIMS FAMILY.
Für mich sind sie im Zweikampf der klare Gewinner, andererseits lassen sich die beiden Bands auch kaum vergleichen ob ihrer Unterschiedlichkeit.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #137 April/Mai 2018 und Joachim Hiller