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PIRATEN

Um Roman Polanskis „Piraten“ hatte ich bisher immer einen großen Bogen gemacht. Die Cancel Culture-Fraktion hat natürlich andere Gründe, um das Schaffen von Polanski zu ignorieren, bei mir lag es eher daran, dass die 1980er Jahre nicht die fruchtbarste Zeit für den polnischen Regisseur waren. Nach Klassikern wie „Chinatown“ oder „Der Mieter“ beendete er die Siebziger mit dem stinklangweiligen „Tess“, wo es bereits im Vorfeld angeblich zu einem Techtelmechtel zwischen der 17-jährigen Hauptdarstellerin Nastassja Kinski und dem Regisseur gekommen sein soll. Viele Jahre später gab Kinski zur Ehrenrettung von Polanski zu Protokoll, dass „Tess“ eines der wenigen ihrer damaligen Engagements war, wo sie sich nicht vor der Kamera ausziehen musste oder ihr jemand sexuelle Avancen gemacht hätte. Vielleicht ist jetzt sogar der beste Moment, um sich „Piraten“ anzusehen, denn im Gegensatz zu der um 20 Minuten geschnittenen Kinofassung und den identischen Veröffentlichungen auf VHS und DVD ist Polanskis Film jetzt das erste Mal komplett veröffentlicht worden. Die Bildqualität ist gut, auch wenn das Fehlen von Untertiteln beim 50-minütigen „Making of“, in dem überwiegend französisch gesprochen wird, extrem ärgerlich ist. Zwar war „Piraten“, den Polanski bereits in den Siebzigern drehen wollte und an dem sein langjähriger Drehbuch-Partner Gérard Brach beteiligt war, ein finanzieller Flop, inzwischen würde ich diesen mit ziemlichem Aufwand gedrehten, humorvollen wie actionreichen Piratenfilm in der Tradition von Robert Siodmaks großartigem „Der rote Korsar“ als unterbewerteten Vertreter des Swashbuckler-Genres bezeichnen. Schon alleine wegen Walter Matthaus engagierter Darstellung des moralisch verkommenen und ziemlich erfolglosen Piratenkapitäns Red, der es auf den goldenen Thron eines Aztekenkönigs abgesehen hat.