Die Bedeutung der Subkultur-Szene einer Stadt oder Region im Vergleich mit der anderswo lässt sich durchaus an der Menge – und der Dicke – der über sie erschienenen Bücher bewerten. Ein Buch über die Musikszene meiner Heimatstadt Heidenheim etwa würde es sicher nur mit massiver „Zeilenschinderei“ auf maximal die Hälfte des Umfangs dieses Büchleins über die 150.000-Einwohner-Stadt Rockford in Illinois (100 km nordwestlich von Chicago) bringen – eine Stadt, die 1993 von einem US-Wirtschaftsmagazin zur unattrativsten Großstadt der USA gewählt wurde.
David Ensminger, seit vielen Jahren schon bekannt als wissenschaftlich über Punk & Co, schreibender Autor, widmete dennoch ein dünnes Bändchen in zudem recht verschwenderischem Zeilenabstand gesetztes Büchlein der Heimatstadt von CHEAP TRICK – die auch seine ist und womit auch die Motivation für so ein Projekt geklärt wäre.
Hat die Welt darauf gewartet, braucht es dieses Buch? So sehr oder so wenig wie die 2016 erschienene Solingen-Compilation des Cow Club mit ihrem Band-Stammbaum. Schreibt sowas niemand auf, ist es irgenwann vergessen, doch Geschichte lebt von Erinnerung und deren Verschriftlichung.
In einer von Arbeitslosigkeit, Verfall und wirtschaftlichem Niedergang geprägten Umgebung gediehen Punk und Hardcore in den Siebzigern und Achtzigern gut, DEAD KENNEDYS, BLACK FLAG und AGENT ORANGE, so schreibt Ensminger, lieferten den Soundtrack seiner Jugend und der seiner Freunde.
Basierend auf seinen Erinnerungen und denen anderer Akteure zeichnet Ensminger so ein bedrückendes Bild der amerikanischen Provinz.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #132 Juni/Juli 2017 und Joachim Hiller