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NOTHING TO LOSE

NOTHING TO LOSE ist nicht der erste Film von Pieter Kuijpers, der aber über seine Heimat Holland hinaus kaum bekannt sein dürfte, was sich mit seinem ungewöhnlichen, effektiven Thriller durchaus ändern könnte.

Im Original trägt der Film den etwas eigenartigen Titel TBS und bezieht sich damit auf spezielle Gefängnisse in den Niederlanden, in denen psychisch gestörte Gewaltverbrecher und andere Kriminelle medizinisch so lange behandelt werden, bis von der betreffenden Person keine Gefahr mehr ausgeht, was nicht ganz unumstritten ist.

Einer der Insassen einer solchen Anstalt ist Johan, der angeblich seinen Vater und seine Schwester umgebracht haben soll, aber fest an seine Unschuld glaubt. Zusammen mit einem anderen Häftling gelingt ihm irgendwann die Flucht und er macht sich auf die Suche nach seiner Mutter, die als Einzige seine Unschuld beweisen kann.

Mit dabei ein 13-jähriges Mädchen, das er auf der Flucht vor der Polizei als Geisel genommen hat. TBS ist tatsächlich ein etwas eigenartiger Titel für diesen Film, der zum größten Teil außerhalb der Klinik spielt und nicht weiter die Besonderheit der dortigen Behandlung thematisiert.

Es handelt sich eher um ein klassisches Roadmovie über einen Mann auf der Flucht. Der besondere Reiz liegt darin, dass Kuijpers den Zuschauer im Unklaren lässt, ob Johan ein schizophrener, gefährlicher Sexualstraftäter ist oder tatsächlich ein Unschuldiger auf der Suche nach der Wahrheit.

Für Letzteres spricht der rücksichtsvolle Umgang mit seiner Geisel und die fast freundschaftliche Beziehung, die sich zwischen beiden entwickelt. Den blödsinnigen deutschen Zusatztitel, „Die Seele eines Monsters“, muss man in diesem Zusammenhang schon als unverschämten Spoiler bezeichnen.

Das Seelenleben von Johan ist am Ende des Films allerdings nicht unbedingt klarer als zu Beginn, somit taugt NOTHING TO LOSE ganz sicher nicht als ernstzunehmendes Psychogramm eines Sexualstraftäters.

Aber Kuijpers ist hier – trotz eines mickrigen Budgets – dafür ein dicht inszenierter, durchaus verstörender Thriller gelungen, der auf unangenehme Genrestereotypen größtenteils verzichtet.

Recht unsentimental, fast dokumentarisch wird die Odyssee von Johan geschildert. Hauptdarsteller Theo Maassen ist zwar hauptsächlich als Komödiant bekannt, kann den zerrütteten Gemütszustand seiner Figur aber beeindruckend transparent machen.

Auch Lisa Smit als Tessa gelingt eine sehr einfühlsame Darstellung einer 13-Jährigen im Kontext dieser Extremsituation. Sehenswert, aber bitte nur im holländischen Original anschauen, die oberpeinlichen Sprecher der deutschen Synchro sind wirklich kaum zu ertragen und ziehen den Film fast ins Lächerliche.