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NEW YORK NIGGERS

Live At Max’s Kansas City

Mit dieser LP wird Geschichte geschrieben, das steht fest! Ich habe selten ein solch beeindruckendesWerk zu hören beziehungsweise Booklet zu lesen bekommen. Hätten die NEW YORK NIGGERS diese Songs bereits Ende der Siebziger Jahre im Studio aufgenommen und als LP veröffentlicht, dann bin ich mir sicher, sie würden heute als eine der Klassiker-Bands der frühen New Yorker Punk-Szene gelten. So waren die NYN bislang nur durch ihre 2-Song-7“ „Headliner/Just Like Dresden 45“ von 1979 nur einer kleinen Anzahl nerdiger Plattensammler bekannt. Wer zur Hölle nennt seine eigene Band denn NEW YORK NIGGERS? Heute undenkbar. Selbstverständlich waren der Sänger/Gitarrist und der Bassist Afroamerikaner, hinzu kamen noch ein japanischer Drummer und mit Dieter Runge ein zweiter Gitarrist aus Deutschland (!). Dieses Live-Album beruht auf einem Konzertmitschnitt, der von einem vor etwa zehn Jahren verstorbenen Fan stammt, der mit seinem Taperecorder über 200 Auftritte von allen möglichen Bands aufgenommen hatte. Das Tonband wurde kürzlich von Lenny Kaye („Nuggets“-Compilations, PATTI SMITH GROUP) wiederentdeckt und restauriert. Für die Linernotes ist Dieter Runge verantwortlich, der 1948 auf einem Flug eines „Rosinenbomber“ der US-Airforce geboren wurde, als dessen Mutter von Berlin als Flüchtling nach Westdeutschland ausgeflogen werden sollte, während Berlin einer Blockade der Russen unterlag. Später spielte Dieter Runge Gitarre bei der Hannoveraner Punkband ROTZKOTZ, flog dort wegen einer Nichtigkeit raus und ging als Freigeist, der er war, nach New York, wo er mehr oder weniger von der Hand in den Mund lebte. Dort lernte er Leo Faison und Elliot Harris kennen, welche 1977 die NEW YORK NIGGERS gegründet hatten. Die Bandgeschichte im 32-seitigen A4-Booklet liest sich absolut spannend, man kann voll in die Geschichte des frühen New Yorker Punkrock eintauchen. Die NEW YORK NIGGERS spielten im CBGB’s und Max’s Kansas City, dazu Loft- oder andere Club-Shows, wo die Crème de la Crème bekannter Künstler:innen wie Jean Michel Basquiat, Prince, Patti Smith, David Bowie, Iggy Pop, Rick Ocasek, RAMONES, NEW YORK DOLLS, Debbie Harry oder Andy Warhol anwesend war. Seit einigen Jahren besteht im Rahmen von „Black Lives Matter“ ein gesteigertes Interesse an frühen Afro-Punkbands, wobei die BAD BRAINS ja immer eine bekannte Szenegröße waren, nun aber auch Bands wie DEATH, FISHBONE und PURE HELL wahrgenommen werden. Mit dieser Live-LP muss man nun auch die NEW YORK NIGGERS hinzuzählen. Musikalisch bieten sie ziemlich guten treibenden Punkrock, der insgesamt recht flott gespielt ist und einen deutlichen rockigen Touch hat. Die zehn Songs sind ein ziemliches Power-Paket, bei dem man richtig mitgehen kann. Am Schluss gibt es mit „Search & destroy“ noch ein tolles STOOGES-Cover, das perfekt zum Rest ihrer Song passt. Der Gewinn vom Verkauf dieser Platte geht übrigens an „Black Lives Matter“.