Musikalisches und optisches Understatement auf gleich mehreren Ebenen. Wer Platten nach dem Coverartwork kauft (eine aussterbende Spezies, ich weiß), wird schnell weiterblättern, auch der Blick auf die Trackliste mit 25 Songs in knapp 42 Minuten und Titeln wie „Wanne voller Bier“, „Sack“, „Aufstand der Ratten“ macht jetzt nicht gleich neugierig. Neues gibt es nicht, so viel ist mal sicher, aber gut gemacht isses. Ja, deutscher Punk, der ziemlich gut ballert, meistens recht simpel, aber mit dicker Gitarre und Druckschlagzeug, dazu ein Sänger, der schön kratzig klingt, wenn nicht mal ein anderer ans Mikro darf. Einerseits klingt es vordergründig beim unaufmerksamen Hinhören mitunter ganz schön platt, hat aber Wortwitz und ist cleverer gemacht, als die Rundumverpackung vermuten lässt. Klingt nach altem Ostzonenpunk, der hier aber tausendmal besser aufgenommen und nicht auf billigsten Plaste-Instrumenten eingespielt wurde. Bisschen wie brachiale SCHLEIM-KEIM mit dem Witz von FEHLGEBURT und WTZ. Bei manchen Stücken musste ich tatsächlich grinsen, obwohl ich zunächst keine große Lust auf die Platte hatte, schließlich hört das Auge ja mit. „Mein Körper ist ein Tempel“ („Drum reiße ich ihn ein“), „Das geht mir auf den Senkel“, „T-34“ oder der Song über die „Rosenkohltorte“ sind echte Hits und der Soundtrack für eine erfolgreich zu vergeudende Jugend, wo immer die auch sein mag. Ach ja, es gibt auch noch ein Punkrock-Puzzle als Download, sofern man einen Steam-Account hat. Seltsam, aber ich mag das!
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #163 August/September 2022 und Kalle Stille