Ohne die Werke des US-amerikanischer Schriftstellers Edgar Allan Poe aus dem 19. Jahrhundert wäre die Kriminal- und Schauerliteratur um einiges ärmer, auf denen bis heute weit über 300 Filme basieren. Großer Beliebtheit erfreut sich in diese Hinsicht Poes Kurzgeschichte „Der Doppelmord in der Rue Morgue“, in der der Detektiv C. Auguste Dupin in Paris den bestialischen wie mysteriösen Mord an zwei Frauen aufklären muss. Bereits 1932 drehte Robert Florey eine sehr freie Adaption der Geschichte mit Bela Lugosi in der Hauptrolle. Heutzutage überzeugt „Mord in der Rue Morgue“ eher durch seine an den expressionistischen deutschen Stummfilm angelehnte Bildsprache und weniger als wirklich gelungene Poe-Adaption. Allerdings hat die spätere American International Pictures-Produktion „Mord in der Rue Morgue“ unter der Regie von Gordon Hessler noch viel weniger mit Poe zu tun, ähnlich wie schon Hesslers zwei Jahre zuvor entstandene Adaption der Kurzgeschichte „Die längliche Kiste“ unter dem Titel „Im Todesgriff der roten Maske“. Der farbenprächtige und blutrünstige Gothic-Horror von „Mord in der Rue Morgue“ enthält ebenfalls deutliche Jack The Ripper-Motive, hinzu kommen noch Verweise auf Gaston Leroux’ „Das Phantom der Oper“. Als seriöse Poe-Verfilmung kann man „Mord in der Rue Morgue“ kaum bezeichnen, dennoch ist Hesslers inhaltlich etwas wirrer Horror-Pulp dank illustrer Darsteller:innen wie Jason Robards, Herbert Lom, Christine Kaufmann, Lilli Palmer oder Bond-Schurke Adolfo Celi, verschwenderischer Ausstattung und einiger surrealer Traumsequenzen immer noch eine sehenswerte Hommage an das Pariser Grand Guignol-Theater. Die Neuauflage auf Blu-ray macht qualitativ einen besseren Eindruck als die alte DVD von Pidax und enthält neben Untertiteloptionen zusätzlich auch noch Trailer und einen Audiokommentar.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #163 August/September 2022 und Thomas Kerpen