MILEMARKER

Overseas

Zehn Jahre? Zehn Jahre soll das letzte MILEMARKER-Album schon her sein? Du weißt, dass du dein kleines Punkerheftchen schon eine Weile machst, wenn du in solchen Situation wetten möchtest, das könne doch höchstens vier, fünf Jahre her sein, wenn überhaupt.

Die 1997 in Chapel Hill, North Carolina gegründete Band um Al Burian und Dave Laney (beide bilden auch 2016 noch den Kern der Band, werden unterstützt durch Lena Kilkka und Ezra Cale) war in den späten Neunzigern und auch noch für einige Jahre nach der Jahrtausendwende sehr aktiv, tourte viel in Europa und war eigentlich „everybody’s darling“ mit Alben wie „Future Isms“ (1998, Stickfigure), „Frigid Forms Sell“ (2000, Jade Tree/Lovitt), „Anaesthetic“ (2001, Jade Tree) und „Satanic Versus“ (2002, Jade Tree/Day After), bis 2005 „Ominosity“ auf dem Pseudo-Major Eyeball die Verbindung zu jener D.I.Y.-Szene, in der die Band bis dahin heimisch war, unterbrach.

Drei Jahre Inaktivität folgten, erst 2008 ging es wieder auf Tour, in Europa, wohin es Burian (Berlin) und Laney (Hamburg) verschlagen hatte. Was auch der Grund dafür ist, dass „Overseas“ zwar auf dem eng mit Dischord verbundenen Lovitt-Label erscheint, aber komplett in Berlin aufgenommen wurde.

Stilistisch waren MILEMARKER schon immer schwer zu fassen: Post-Hardcore, Synthesizer, Pop-Melodien, harsche, dissonante Noise-Passagen, mehrstimmiger Gesang – „DEVO, Gary Numan, CAUSEY WAY – das sind meine Referenzpunkte“, schrieb ich 2001 zu „Anaesthetic“.

Einerseits haben sich MILEMARKER diesen spleenigen Trademark-Sound auch 2016 bewahrt, anderseits aber auch weiterentwickelt, denn „Overseas“ klingt nicht nach einer aus der Zeit gefallenen Band.

Beachtung verdienen wie immer die Texte, wortspielmächtig und aussagestark, etwa der Satz „Kill a man in another land with a computer“, schätzungsweise über den Dronenkrieg der USA („Supercomputer“).

Durchaus politisch deutbar ist auch das Innencover: Ruderboote auf dem Meer vor einer riesigen Sonne.