MICRODISNEY

Love Your Enemies

Der britische Radio-DJ John Peel, der ja immer ein Fan von eigenwillig-charakteristisch klingenden Bands war, hatte sich schon früh als großer Fan der Iren MICRODISNEY geoutet. Bereits kurz nach Erscheinen ihres auf Rough Trade veröffentlichten Debütalbums „Everybody Is Fantastic“ von 1984 (produziert von John Porter, der im selben Jahr auch das THE SMITHS-Debüt abgemischt hatte) lud Peel MICRODISNEY zu drei seiner „Peel Sessions“ ein.

Es ist ein noch etwas sprödes Debüt, von Cathal Coughlan (später bei THE FATIMA MANSIONS) und Sean O’Hagan (THE HIGH LLAMAS) noch überwiegend als Duo eingespielt, bei dem aber der grundsätzliche MICRODISNEY-Sound bereits vorhanden war.

Ein irritierend euphorischer, fast etwas seichter Gitarrenpop mit erstaunlicher Langzeitwirkung, der gut kaschierte, dass Sänger Coughlan nicht gerade ausgesprochene „Feelgood“-Lyrics schrieb.

Mit den Nachwehen von Punk in Form von New Wave und Post-Punk hatten MICRODISNEY wenig zu tun, waren aber wie THE SMITHS verantwortlich für eine Renaissance traditionellerer Gitarrenmusik in England beziehungsweise dem, was man heute unter Indierock versteht.

1985 entstand mit „The Clock Comes Down The Stairs“ ihr insgesamt bestes Album, dem man anmerkt, dass es sich inzwischen um eine vollwertige Band handelte, und auch, dass Coughlans und O’Hagans Songwriting deutlich ausgereifter war.

Das brachte dann Virgin auf den Plan, die wohl kommerzielles Potenzial bei MICRODISNEY witterten, was sich aber nach zwei Platten als Trugschluss entpuppte, gefolgt von der Auflösung der Band.

Cherry Red hat das Frühwerk dieser exzellenten Band jetzt neu aufgelegt, versehen mit allen „Peel Sessions“ und B-Seiten-Tracks. Wobei „Love Your Enemies“ – ursprünglich zwischen den beiden Studioalben unter dem Titel „We Hate You South African Bastards!“ veröffentlicht – nur etwas für Komplettisten ist, denn bei diesen frühen Aufnahmen suchen MICRODISNEY noch nach ihrer musikalischen Identität und vor allem Coughlan nach dem richtigen Ton.