Michael Anthony „Mick“ Farren starb 2013 im Alter von fast siebzig Jahren bei einem Konzert seiner Band in London an einem Kreislaufkollaps. Er war Journalist, Autor und Sänger, bis zum Schluss bei den DEVIANTS. Er war ein Gegenkultur-Künstler alter Schule, blieb seinem Metier bis zum Ende und über fünf Jahrzehnte treu. Seine als THE SOCIAL DEVIANTS gegründete Band THE DEVIANTS existierte über die Jahre immer wieder mal nicht, Wikipedia listet als Phasen der Aktivität die Jahre 1967 bis 1969, 1978, 1984, 1996, 2002 und zuletzt 2011 bis 2013. Elf Alben entstanden in dieser Zeit, musikalisch waren THE DEVIANTS immer schwer zu fassen, sie waren überall und nirgends, mal Punk wie bei „Let’s loot the supermarket again like we did last summer“ von 1977, mal psychedelisch, mal bluesig –sie mäanderten durch alle Stile, die Farren seit seiner Jugend untergekommen waren. Parallel dazu gab es dann auch noch die Soloplatten von Farren. Auf „Mona – The Carnivorous Circus“ folgte erst 1978 „Vampires Stole My Lunch Money“, und dazwischen lagen Welten, denn Farren war zwischenzeitlich mehr als Musikjournalist denn als Musiker aktiv, unter anderem für den NME. Und dass Punk existierte, war ihm schwerlich entgangen. Ergo dieses Album, das mit Gastauftritten von Chrissie Hynde (PRETENDERS), Wilko Johnson (DR. FEELGOOD) und Andy Colquhoun (WARSAW PAKT) die Kurve kratzte zwischen britischem Pubrock und (Proto-)Punkrock New Yorker Prägung à la NEW YORK DOLLS und damit 1978 fast schon wieder etwas überholt gewirkt haben könnte angesichts der rasanten Weiterentwicklung der britischen Punk-Szene. Farren war da schon 35, als Journalist mit kritischem wie analytischem Blick ausgestattet, und hatte bereits die Hippie-Bewegung überlebt beziehungsweise zerfallen sehen. Mike Stax vom Ugly Things Magazine beschreibt das gut in seinen Linernotes – die erklären, warum dieses Album so ist, wie es ist: aus dieser Zeit, aber eben kein „klassisches“ Punk-Album. Als eine Sammlung von Songs „about drinking, dissolution, depression and desperation“ wurde das Album mal beschrieben, anhand der Texte im Beiblatt kann man das ganz gut nachvollziehen. Koks und Alk waren im Studio anfangs immer in Reichweite. Ein liebevoll aufgemachter Rerelease.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #161 April/Mai 2022 und Joachim Hiller