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MAX GOLDT

Draußen die herrliche Sonne: Musik 1980-2000.

Zunächst muss ein verbreiteter Irrtum ausgeräumt werden. Der sprachgewaltige Künstler, dessen lange überfällige Werkschau das Tapete-Label veröffentlicht, heißt weder „Max“ noch „Goldt“, in seinem Pass steht schlicht „Matthias Ernst“.

Wir nennen ihn hier aber einfach bei seinem „Nom de Guerre“, und unter diesem Namen ist er bereits seit über vierzig Jahren als Schriftsteller, Texter und Musiker tätig. Stets wurde er dabei falsch kategorisiert.

Als Feuilleton-Liebling musste er sich „Pop-Literat“ schimpfen lassen, und als seine zweite (und bekannteste) Band FOYER DES ARTS mit „Wissenswertes über Erlangen“ aus Versehen in die Charts stolperte, führte dies tatsächlich zu TV-Auftritten bei der Hitparade und dem verpönten Etikett „Neue Deutsche Welle“.

Goldt und die Kuratoren vom Tapete-Label haben sich nun satte 131 Stücke (29 total unveröffentlicht!) aus dem umfangreichen Katalog ausgesucht und, ohne chronologischen Zusammenhang, auf stattliche sechs (!) CDs verteilt.

Ein großer Teil des Materials ist dem langlebigsten Projekt FOYER DES ARTS gewidmet, deren Songs gleich zwei CDs füllen. Nach deren Ende musizierte Goldt dann ab Mitte der Neunziger mit Stefan Winkler, unter dem Namen NUUK spielten sie die LP „Nachts in schwarzer Seilbahn nach Waldpotsdam“ ein – verglichen mit den dagegen beinahe formalistisch arbeitenden FDA ging es hier noch experimenteller zur Sache.

Winkler, ein konservatoriumsgestählter Vollblutmusiker, brachte zudem mehr und mehr Elektronik in die abstrus-fragilen Liedkonstruktionen. Zwei ganze CDs sind dann Goldts Solo-Material gewidmet, sie sind grob in „elektronisch“ und „konventionell“ aufgeteilt, wobei es natürlich stets eine Schnittmenge gibt.

„Konventionell“ ist natürlich überhaupt nichts an dieser CD-Box, allerdings gilt für sämtliche Stücke: So gestochen scharf und fokussiert Goldt sprachlich seine Inhalte abbildet (immerhin ist er ja gelernter Fotograf), so beliebig, unordentlich, beinahe improvisiert wirkt er bei der musikalischen Verzierung seiner Texte.

Wo Goldt im „Lesemodus“, also beim Vortrag seiner Prosatexte häufig in nonchalanten Plauderton verfällt, begibt er sich bei vielen seiner „Songs“ in einen bisweilen beschwörenden Singsang.

Doch auch melancholische Melodien und zickig-hysterische Wortfetzen werden ausgestoßen, alles so, wie es das Textmaterial verlangt. Angesichts der schieren Menge von Material, das die Goldt-Box enthält, lässt sich sagen, dass selbstverständlich mehr Fragen gestellt als beantwortet werden.

Goldt zu ergründen ist weder nötig noch möglich, ihn als Konzeptkünstler, Querkopf und selbst als Sprachpolizisten mit Lob zu überschütten ist ein Imperativ.