In den 80er Jahren musikalisch sozialisierte Menschen erinnern sich eventuell noch an LONE JUSTICE. Die waren, ähnlich wie X ein paar Jahre zuvor, in Los Angeles im Spannungsfeld von Roots-Rock und Punk groß geworden.
1985 und 1986 entstanden zwei Studioplatten, mit denen sie von ihrer Plattenfirma Geffen brutal als Mainstream-Country-Act verheizt wurden. Man war jung und brauchte das Geld. In Erinnerung blieb einem Frontfrau Maria McKee, die durch eigenwilligen Gesang hervorstach und auf der Bühne das war, was der Engländer gerne als „Powerhouse“ bezeichnet.
McKee (die Halbschwester von LOVE-Gitarrist Bryan MacLean) wurde jedenfalls in den höchsten Tönen gepriesen und konnte nach dem Ende von LONE JUSTICE eine erfolgreiche Solokarriere starten, deren kommerzielle Höhepunkte zahlreiche Soundtrack-Beiträge waren, wie „Show me heaven“ für „Tage des Donners“, „Never be you“ für „Straßen in Flammen“ und „If love is a red dress“ für „Pulp Fiction“.
Dass ich mit McKee dennoch nie richtig warm geworden bin, hat sicher damit zu tun, dass sie immer auf irritierende Weise zwischen den Stühlen von Alternative Country und Mainstream saß. 2007 erschien ihr letztes Album „Late December“, auf das nach langer Pause nun „La Vita Nuova“ folgt.
Gesanglich ist die 55-jährige McKee fast noch sperriger als früher, aber nicht minder kraftvoll. Musikalisch könnte „La Vita Nuova“ dafür ihr bis dato bestes Album sein, das mit opulenter orchestraler Instrumentierung McKees oft schrulligem Folkrock neue Dimensionen erschließt, irgendwo zwischen Roots-Rock und Kammerpop, abseits irgendwelcher vordergründig kommerzieller Bereiche.
Wobei sich an ihrem exaltierten Gesang wieder die Geister scheiden werden.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #148 Februar/März 2020 und Thomas Kerpen