LECK MICH AM LEBEN

Frank Willmann (Hrsg.)

Was nicht sein dürfte, fand trotzdem seine Nische(n). „Punk im Osten“, ein interessantes Thema. Auch nach über zwei Dekaden. Und Osten hört hierbei nicht an der einstigen Mauergrenze auf, sondern schließt Warschau, Budapest und Moskau mit ein.

Willkommen (zurück) im Ostblock. Im praktischen, recht unverwüstlichen Klappenbroschur widmet sich Herausgeber Frank Willmann, selbsternannter Fan-, Mauer- und Punkrock-Forscher und aktuell beim Berliner Tagesspiegel für eine bissige Sportkolumne zuständig, dem Warschauer Pakt von unten.

Authentisch und unzensiert. Dabei lässt er in 40 kurzweiligen Kapiteln 31 einstige und heutige Originale zu Wort kommen und steuert selbst noch zwei Anekdoten von damals bei – mit Wirkung bis ins Heute.

Der thematische Überbau „Punk im Osten“ hält die einzelnen Erlebnisberichte, Exzesse, Milieustudien und Poesien zusammen, verknüpft dadurch die verschiedenen Schreib- und Textstile miteinander.

Der Kurzweil tut das gut, dem linearen Lesegenuss steht das Anekdotenhafte entgegen. Da es aber zu diesem, doch komplexen Thema, keine abschließende Sicht geben kann, macht dieser Kunstgriff durchaus Sinn und Willmann nicht den Fehler, als Oberlehrer dazustehen.

Stattdessen kommen bei den autobiografischen, teils skurrilen „Geschichten zum Punk“ von beispielsweise Jan Off, Veit Pätzug, Falko Hennig und Guillaume Paoli der Siff und die offensichtliche Revolte von damals wie auch der VoPo wieder zurück ins Bewusstsein.

Genauso wie der „Schutzraum Evangelische Kirche“ und wichtige Bands. Punk-Lesetip. Das Originalitätsabzeichen gibt’s obendrauf.