Jede Band hat ihre einzigartige Geschichte. Aber die von KRAFTWERK ist dann doch noch ein Stück weit einzigartiger. Denn welche vergleichbar einflussreiche Band hat sich schon so konsequent als Gesamtkunstwerk verkauft? KRAFTWERK gelten bis heute als Kollektiv austauschbarer Musiker, dessen einzige Identität die Musik ist.
Und weil die beiden Gründungsmitglieder Ralf Hütter und Florian Schneider die Öffentlichkeitsabstinenz zur Maxime erhoben, hatten es all jene Autoren, die bislang versuchten, dem Phänomen der Elektro-Pioniere auf die Spur zu kommen, schwer.
Ex-Bandmitglied Wolfgang Flür etwa fuhr mit seinem Buch eine absurd-komische Schiene und faselte mehr von Groupies als von Musik. Tim Barr konzentrierte sich in „From Düsseldorf With Love“ ausschließlich auf die Einordnung des Bandschaffens in den musikhistorischen Kontext.
Und Pascal Debussy scheiterte in „Neonlicht“ mit einer lieblos zusammengeschusterten Zitate-Sammlung. Erst dem Engländer David Buckley gelingt es nun, ein stimmig erscheinendes KRAFTWERK-Bild zu vermitteln, denn er hat all die losen Enden seiner Vorgänger aufgegriffen.
Ihm gelang es, neben Flür auch mit Ex-Mitglied Karl Bartos zu reden – der gilt vielen als wichtigster Songschreiber der erfolgreichsten KRAFTWERK-Zeit zwischen Ende der Siebziger und Mitte der Achtziger Jahre.
Buckley scheut sich auch nicht, Schneider und Hütter schonungslos als Menschen darzustellen, die zwar musikalische Genies sind, die aber neben der Musik stets vor allem eines im Kopf hatten: ihre Riesen-Egos.
Buckley entmystifiziert KRAFTWERK, ohne aber die Bedeutung und Strahlkraft ihres Oeuvres anzutasten.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #112 Februar/März 2014 und Frank Weiffen