KOBANE CALLING

Zerocalcare

In italienischen Großstädten stehen junge Leute am Erstverkaufstag schon nachts Schlange? Ein neues iPhone? Nein, Zerocalcares „Kobane Calling“. Mit Verkaufszahlen in sechsstelliger Höhe setzte die Comic-Reportage in Italien neue Maßstäbe.

Eine gewöhnliche Reportage ist „Kobane Calling“ tatsächlich nicht. Zunächst befremdlich wirkt der für ein ernstes Thema leicht überdreht-humoristische Erzählstil. Auch der Einsatz von obskuren Nebenfiguren wie „Star Wars“-Stormtrooper oder dem Bruder Schorch des Trickfilmschweins Peppa Wutz ist gewöhnungsbedürftig.

Hat man sich damit angefreundet, ist einem der wenigen aktuellen Berichte, die den Einsatz der Kurden im syrischen Bürgerkrieg dokumentieren, durchaus einiges abzugewinnen. Klar, Zerocalcare macht keinen Hehl aus seiner linken Gesinnung, entsprechend eingefärbt sind manche Aussagen, die bei weitem nicht alle eigenen Beobachtungen entstammen, sondern oft von kurdischen Kämpfern übernommen wurden.

Dennoch finden sich darunter sicherlich auch Tatsachen oder zumindest ein wahrer Kern. Insgesamt zwei Reisen unternimmt der Italiener in die Kurdengebiete, um dort Informationen für sein Comicprojekt zu sammeln und an humanitären Hilfsprojekten mitzuarbeiten.

Die erste führt ihn im Herbst 2014 nach Mehser an der türkisch-syrischen Grenze in Sichtweite der damaligen syrischen IS-Hochburg Kobane. Zwar ist die Lage damals auf der türkischen Seite recht ruhig, die Kampfhandlungen bekommt man aber dennoch mit.

Im Sommer 2015 führt ihn seine zweite Reise unter anderem in das inzwischen befreite Kobane selbst. Außerdem gelingt es ihm, ein im Kandil-Gebirge verstecktes (Frauen-)Ausbildungscamp der PKK zu besuchen und dort auch den PKK-Kopf Cemil Bayik zu sprechen.

Lesenswert!