Lange habe ich darauf gewartet, endlich mal Aldo Florios ANDA MUCHACHO, SPARA! zu Gesicht zu bekommen, alleine schon wegen des wundervollen deutschen Titels, besser kann man die Atmosphäre eines Italowesterns wohl nicht auf den Punkt bringen, auch wenn der nichts mit dem Originaltitel zu tun hat.
Florio wartet zwar mit einem ziemlich überschaubaren Gesamtwerk auf, ANDA MUCHACHO, SPARA! besitzt unter den Italowestern aber auf jeden Fall einen guten Ruf. Wie so oft ist das mal wieder Geschmackssache, denn die bei dem Film hervorgehobenen positiven Aspekte ergeben unter dem Strich keinen wirklich homogenen Film, der sich vor allem inhaltlich auch zu sehr bei Leones FÜR EINE HANDVOLL DOLLAR bedient.
Eine etwas überkonstruierte, bierernste Rachegeschichte, in der Fabio Testi einen entflohenen Sträfling namens Roy Greenford spielt, der in einem kleinen Dorf die Herrschaft eines Großgrundbesitzers brechen will, der dort die Arbeiter seiner Goldmine ausbeutet, was alles mit dem Schicksal von Greenfords Freund verknüpft ist, der bei der Flucht starb.
Augenscheinlich hat es Greenford auf das Gold abgesehen, aber dahinter steckt natürlich eine moralische Abrechnung ganz anderer Art. Testi macht seine Sache gewohnt gut, trotz begrenzter Mimik, Bruno Nicolai steuert schöne Musik bei und auch Florios Regie ist durchaus sorgfältig, dennoch wirkt KNIE NIEDER UND FRISS STAUB über weite Strecken konfus und etwas langweilig.
Man fragt sich eigentlich ständig: Bin ich jetzt zu blöd, oder hat der Drehbuchautor den Faden verloren? Bemängeln könnte man auch den oft fehlenden Realismus, etwa wenn Testi mal eben sechs Leute über den Haufen schießt, im starken Kontrast zu einer unangenehm wirklichkeitsnahen Vergewaltigungsszene, der Folterung unseres Helden und als der den Fuß seines toten Kumpels abschneiden muss, der an derselben Kette wie er hängt.
Ein Wechselbad der Gefühle und eine Aneinanderreihung von Szenen, die einen entweder unsanft aus dem Film hinauskatapultieren oder durchaus begeistern können, wie zum Beispiel die gut integrierten Rückblenden.
Ich bin offen gestanden etwas enttäuscht. An der DVD selbst ist mal wieder nichts auszusetzen, zumal der Film, der bis letztes Jahr noch indiziert war – vollkommen lächerlich eigentlich – , das erste Mal ungeschnitten vorliegt und jetzt ab 16 freigegeben ist.
Als Bonus gibt es noch ein Feature über Aldo Florio.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #85 August/September 2009 und Thomas Kerpen