Foto

KLEZ.E

Erregung

Im ersten Moment stellte sich beim Hören des neuen KLEZ.E-Albums eine leichte Verwirrung ein, weil ich dachte, dass im Player versehentlich eine Scheibe von THE CURE, mittlere Phase läuft. Bis Sänger Tobias anfängt zu singen: in deutscher Sprache, aber durchaus an Robert Smith erinnernd. Okay, das vorherige Studioalbum „Desintegration“ klang ebenfalls schon deutlich nach Post-Punk und schon das hatte nicht mehr so viel mit der Band zu tun, die ich Anfang der Zweitausender mal live erleben durfte. Die eingeschlagene Spur von „Desintegration“ wird auf „Erregung“ weiter verfolgt und verfeinert. Tobias Siebert hat (scheint aktuell ein Trend zu sein) Berlin den Rücken gekehrt und ist mit der Familie und reichhaltigem Musikinstrumentarium nach Mecklenburg-Vorpommern gezogen. So fügt sich auch ein Puzzle zusammen, was die Texte des aktuellen Albums angeht. Der Landstrich ist zwar wunderschön, aber nicht unbedingt der hoffnungsvollste und einladenste auf der politischen Landkarte. Genau hier tritt die große Stärke des Albums zutage: Wie so häufig bei post-punkiger Musik, die mit Goth flirtet, handeln die Texte von Personen, die melancholisch oder gar mit Gefühlen von Einsamkeit und Selbstzweifel den Blick nach innen richten. Gleichzeitig blitzen und flimmern eher genreunüblich politische Bilder und Botschaften auf, mal mehr, mal weniger deutlich und häufig Interpretationsspielraum lassend. Damit erschaffen KLEZ.E einen Soundtrack für unsere wacklige finstere Welt, in der unklar ist, ob es sich darin in naher Zukunft noch einigermaßen akzeptabel leben lässt. Egal ob in Berlin, Mecklenburg-Vorpommern oder sonst wo auf der Erde.