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KIRA

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Face it: Die frühe Los Angeles-Punkrock-Szene rund um BLACK FLAG, CIRCLE JERKS und Co. wurde nicht gerade von Frauen dominiert, um es vorsichtig auszudrücken. Und so war die BLACK FLAG-Bassistin Kira Roessler – die Schwester von Paul Roessler von SCREAMERS und 45 GRAVE – leider eine Ausnahmeerscheinung, als sie 1983 mit 22 Jahren von ihrer Band DC3 wegrekutiert wurde, um bis 1985 bei BLACK FLAG Bass zu spielen. Auf fünf Studio- und zwei Live-Platten ist sie zu hören – und blieb doch die einzige Frau im sonst über zwanzig Männer umfassenden Besetzungskarussell der Punk-Legende. Später heiratete sie Mike Watt, arbeitete mit ihm auch noch nach Ende der Partnerschaft musikalisch zusammen, widmete sich aber zunehmend der Arbeit im Filmgeschäft, war und ist als Dialog Editor tätig. Mit ihrem Bruder Paul begab sie sich 2020 (?) in dessen Kitten Robot-Studio, um ihr Soloalbum aufzunehmen, das 2021 im CD-Format erschien und nun vom Hamburger Label Last Exit Music in einer auf nur 100 Exemplare limitierten Vinylversion (180 g) veröffentlicht wurde. Das Cover wurde gesiebdruckt, der naturbraune Karton glänzt fast wie Gold, eine sehr edle Anmutung. Kiras Musik hat wenig zu tun mit BLACK FLAG damals, es ist ein leises Album, bei dem ihr vorsichtig gezupfter Bass und ihr sanfter Gesang im Vordergrund stehen, und begleitet wird sie von Glenn Brown an der Gitarre und Dave Bach am Schlagzeug, auch etwas Violine von Petra Haden ist zu hören. Mit jedem Durchlauf gewinnt die Platte an Intensität, aber man muss ihr die Ruhe geben, ihre Wirkung zu entfalten.