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KILLING ZOE

Lang hat’s gedauert, ähnlich lang wie bei TRUE ROMANCE, dass dieser Film aus dem Tarantino-Umfeld mal hierzulande als gescheite DVD erscheint, ungeschnitten, im richtigen Bildformat und mit Originalton, ab Mitte Februar erhältlich.

Auf DVD gab es ihn sogar schon ungeschnitten „ab 18“, aber die deutsche Synchro war leider eine ziemliche Katastrophe. Die Franzosen scheinen den Film eh mehr zu lieben, zumal er ja in Paris spielt (allerdings komplett in Los Angeles gedreht wurde), denn dort erschien als wunderschöne 3er-DVD auch der Director’s Cut von KILLING ZOE, der einige kleine Gewaltspitzen mehr besitzt und etwas mehr Drogenmissbrauch zeigt, alles dennoch recht unspektakulär.

Gedreht hat ihn Roger Avary, ein alter Kumpel von Tarantino, der auch an RESERVOIR DOGS, PULP FICTION und TRUE ROMANCE beteiligt war. Nachdem jetzt seine Adaption von Bret Easton Ellis’ „Glamorama“ offenbar endgültig ins Wasser gefallen ist (nach dem gar nicht üblen THE RULES OF ATTRACTION nach dem Roman von Ellis aus dem Jahr 2002), scheint sich Avary inzwischen auf den Videospiel-Bereich eingeschossen zu haben, denn nach seiner Beteiligung an SILENT HILL soll er angeblich RETURN TO CASTLE WOLFENSTEIN drehen.

Mein Gott, war Uwe Boll gerade ausgebucht? KILLING ZOE jedenfalls wurde damals als Gangsterfilm für die Generation X beschrieben und stand immer etwas im Schatten des zu dieser Zeit alles überragenden Tarantino, der ja hier als Produzent involviert war, wobei man Avary gar nicht mal vorwerfen kann, dass er diesen nur plump kopiert hätte.

Eric Stoltz spielt darin den Safeknacker Zed, der seinem Jugendfreund Eric (Jean-Hugues Anglade) bei einem Bankraub helfen soll und deshalb nach Paris reist. Bevor es allerdings los geht, erlebt Zed mit der ziemlich gewalttätigen Bande noch eine Nacht voller Drogen und anderer Exzesse (Eric: „In Paris, it’s good to smell like you’ve been fucking to make them respect you.“).

Dementsprechend chaotisch entwickelt sich auch der Banküberfall am nächsten Tag, geprägt von Erics unkontrollierten Gewaltausbrüchen, als die Bank von der Polizei umstellt wird und die Gangster sich darin mit jeder Menge Geiseln verschanzen müssen.

Darunter auch ganz zufällig die nette Gelegenheitsprostituierte Zoe (Julie Delpy), die Zed noch am Tag zuvor in seinem Hotelzimmer beglückt hatte (Zoe: „I am not a prostitute!“ - Zed: „That’s great.

Can I have my 1000 francs back, then?“). Denn eigentlich ist KILLING ZOE ja ein richtiger Liebesfilm, nur dass man das angesichts der von vielen Kritiker bemängelten expliziten Gewaltdarstellungen leicht übersehen könnte.

Dabei muss man aber auch den schwarzen Humor von Avarys Inszenierung berücksichtigen, denn der wollte nicht nur einen weiteren, übertrieben brutalen Film über einen schiefgelaufenen Banküberfall drehen, sondern hatte hier auch eine ironische Überspitzung nihilistischen wie existentialistischen europäischen Gangsterkinos im Sinn, wo man dann am deutlichsten merkt, dass er und Tarantino Brüder im Geiste sind.

Damals war ich zwar zuerst etwas enttäuscht von KILLING ZOE, aber im Gegensatz zu vielen anderen Filmen ist er über die Jahre nie völlig in Vergessenheit geraten und besitzt immer noch eine eigentümliche Faszination, denn seine skurrilen Charaktere scheinen wirklich noch aus Fleisch und Blut zu bestehen, selbst der vollkommen irre Eric, und so wird das eigentlich im Mittelpunkt stehende Blutbad fast zur Nebensache angesichts der nicht ganz unwichtigen gruppendynamischen Vorgänge innerhalb der Bank.

Man könnte fast von einem wahren Kultfilm sprechen, zumindest aber lohnt die kontroverse Mischung von KILLING ZOE, um sich erneut mit ihm auseinanderzusetzen.