Als Larry Clark 1995 mit „Kids“ seinen ersten Kinofilm drehte, war er schon lange ein angesehener Fotograf, der 1971 mit seinem ersten Fotoband „Tulsa“ die Drogenszene seiner Heimatstadt dokumentiert hatte. Clark, der seit den 60ern in New York lebt, beschäftigten auch in seinen weiteren Arbeiten die dunklen Seiten der Adoleszenz wie Drogen und Gewalt. Sein Faible für sexuelle Darstellungen Minderjähriger brachte ihm noch vor „Kids“ den Ruf des „dirty old man“ ein. In den frühen Neunzigern mischte er sich in Manhattan auch unter die Kids der dortigen Skateboard-Szene, skatete mit ihnen und fotografierte sie. Dort lernte er auch den damals 14-jährigen Leo Fitzpatrick kennen, der dann drei Jahre später in „Kids“ die Hauptrolle des abgestumpften jugendlichen Aufreißers Telly spielen sollte, der es vor allem auf Jungfrauen abgesehen hat. „A day in the life of a group of teens as they travel around New York City skating, drinking, smoking and deflowering virgins“ – mehr Handlung gibt es eigentlich nicht. Dass „Kids“, der ständig auf dem schmalen Grat zwischen Coming-of-age-Drama und Exploitation-Film wandelt, dennoch als kritische Auseinandersetzung mit dem Thema Aids gilt, liegt daran, dass sich eines von Tellys Opfern nach ihrer positiven Diagnose auf die Suche nach dem Verursacher macht, was in einem ziemlich nihilistischen wie schockierenden Finale gipfelt. Die deutsche Synchronisation ist völlig misslungen, insofern sollte man „Kids“ unbedingt im Original anschauen, der auch gut 25 Jahre später nichts von seiner rohen semidokumentarischen Unmittelbarkeit verloren hat. Auf Blu-ray erschien „Kids“ schon zuvor – in ordentlicher Qualität, aber ohne irgendwelche Extras. Beim aktuell veröffentlichten Mediabook mit DVD und Blu-ray von Filmjuwelen handelt es sich um eine Neuauflage einer vergriffenen älteren Edition mit anderem Cover.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #156 Juni/Juli 2021 und Thomas Kerpen