Foto

KALTFRONT

Spiegel

Ich habe höchsten Respekt vor Bands, die über drei Jahrzehnte existieren und sich immer noch neue Ziele stecken, musikalisch weiterentwickeln, statt sich in altersmilder Selbstgefälligkeit ab einem gewissen Punkt nur noch gelangweilt und kraftlos selbst zu zitieren. Schon aus diesem Grund verneige ich mich vor den Dresdener Herren, dann gleich noch mal für diese Platte, denn nach so langer Zeit so was wie das bisherige Meisterstück abzuliefern, das schaffen wirklich nur sehr wenige Bands. Das hier klingt vom ersten Ton an kräftig und packend. Unter den nahezu perfektionierten Post-Punk mischen sie klammheimlich Blues-Riffs (wer bei „Spiegel“ und der zweiten Gitarre frühe AC/DC heraushören kann, der muss noch nicht zum Ohrenarzt), brillieren mit genialen Gitarrenriffs (vorne hören wir verspielte KILLING JOKE mit flinken Fingern), exzellenter Rhythmussektion und einem glasklaren Sound, der – Namedropping muss sein – von Archi Alert gemischt wurde. Post-Punk trifft auf Shoegaze, große Momente und gelungene deutsche Texte, die mich ab und an daran denken lassen, was aus RAZZIA einmal hätte werden können, bevor sie sich anders entschieden haben. Man merkt, dass hier Druck auf dem Kessel ist, der einfach rausmuss. Natürlich ist textlich alles tiefschwarz, denn Frohsinn können gerne die anderen verbreiten. In dieser Sparte absolute Oberliga und verdammt noch mal frisch. Erstaunlich ist auch, dass keiner der zehn Songs irgendwie abfällt oder heraussticht. „Spiegel“ ist vom Anfang bis zum Ende durchweg gelungen.