JIMMY CORRIGAN – DER KLÜGSTE JUNGE DER WELT

Chris Ware

Hardcovereinband mit Lesebändchen und Goldrahmung, ein zum Poster ausfaltbarer Schutzumschlag – schon rein äußerlich ist „Jimmy Corrigan“ kein typischer Comic. Auch graphisch und inhaltlich sprengt Chris Ware die Genregrenzen, wer also auf der Suche nach seichter Unterhaltung ist, sollte dieses Buch lieber nicht lesen.

Einigen Ausschnitten der Geschichte merkt man noch an, dass sie ursprünglich zwischen 1995 und 2000 als Comicstrip-Reihe in der „Acme Novelty Library“ und der Chicagoer Zeitung „New City“ veröffentlicht wurden und der Autor damals selbst noch nicht genau wusste, wohin der Weg geht.

Was als recht lose zusammenhängendes Experiment beginnt, gewinnt im Laufe des Buches aber immer mehr an Fluss. So entsteht aus mehreren parallelen Erzählsträngen mit Zeitsprüngen, Traumsequenzen und Wechseln der Erzählperspektive Schicht um Schicht eine feinsinnige Geschichte über gesellschaftliche und zwischenmenschliche Beziehungen.

Dabei spielt Ware mit Genreklischees, lässt einen Mann im Supermankostüm von einem Hochhaus zu Tode stürzen, streut Anleitungen, Bastelbögen und andere Gimmicks ein. Gleichzeitig lässt er bildungsbürgerliche Comic-Vorbehalte gegen die Wand fahren, indem er z.B.

das Buch mit einer in überspitzt wissenschaftlichem Duktus gehaltenen Gebrauchsanweisung beginnt. Diese Brüche, Wares schnörkelloser Zeichenstil, die fließend ineinander übergehenden Bildsequenzen und die sich dadurch detailreich und schleichend langsam entwickelnde Handlung haben den Beginn eines neuen Comiczeitalters eingeläutet.

Nächster Halt: Feuilleton. Obwohl das wahrscheinlich ursprünglich nicht unbedingt Teil des Plans war.