Als 2017 die Reid-Brüder mit „Damage And Joy“ das erste Album seit fast zwanzig Jahren veröffentlichten (1999 hatten sie die 1983 gegründete Band ad acta gelegt, 2007 fanden sie wieder zusammen), war ich begeistert und feierte es als den essenziellen Alben aus den Achtzigern ebenbürtiges Werk. Nun ist sieben weitere Jahre später „Glasgow Eyes“ erschienen, und mit dem Privileg, das Ende März erschienene Album in den Wochen zuvor immer wieder vorab anhören zu können, tue ich mich – für mich selbst überraschend – erstaunlich schwer mit „Glasgow Eyes“. Smarterweise veröffentlichte die Band das grandiose, lärmige „jamcod“ vorab als Single und schob das etwas verträumtere „Chemical animal“ nach. Und dann sind da noch zehn weitere Songs wie „Pure poor“, „American born“, die gleich zwei andere Bands zitierenden Titel „The Eagles and The Beatles“ und „Hey Lou Reid“ (sic!), der pulsierende, monotone Opener „Venal joy“, der schwer selbstreferenziell ist ... und ich bleibe immer wieder seltsam unberührt. Was mich selbst am meisten überrascht. Ich feiere die Band doch eigentlich, ich mag sie wirklich, aber ... „Glasgow Eyes“ zündet nicht so umfassend, wie ich das erwartet hatte. Es hat was von Pflichtübung, es klingt irgendwie richtig, ist aber den entscheidenden Momenten seltsam leidenschaftslos, siehe etwa „The Eagles and The Beatles“ oder das echt lahme „Silver strings“. Das Album wirkt über weite Strecken wie ein typisches Spätwerk, aber das ist genau das, was ich von einer Lieblingsband nicht will. Mag sein, dass devote Fans das ganz anders sehen, den Reids an den Lippen hängen, all das abfeiern. Ich jedoch verbleibe mit einer gewissen kritischen Distanz – und hoffe auf eine brachial lärmige Live-Erfahrung mit kathartischer Wirkung.
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