Pat Fish, bekannt als Jazz Butcher, ist schon seit 35 Jahren aktiv und beglückt seine Fans in teils kaum zu ertragenden langen Abständen mit neuem Material. Stilistische Konsistenz ist dabei nachrangig, der Butcher spielt das, was ihm gerade passt.
So kommt es dabei stets zu einer erschlagenden Bandbreite von Stilen. Indiepop, Postpunk, Bar Jazz, Psychobilly, Psychedelia oder selbst Shoegaze, die Grenzen sind fließend. Zusammengehalten werden die Songs vom unnachahmlichen Charme und Intellekt Pat Fishs, der mit typisch britischer Verstrahltheit quasi einen musizierenden Flying Circus geschaffen hat.
Fire hat nun die ersten vier Jazz Butcher-Alben der Glass-Ära in einer Box wiederaufgelegt. „Bath Of Bacon“, der erste Streich, ist ein Werk mit anfängerhaftem Charme. Man spürt deutlich, dass hier noch kein gefestigtes Bandgefüge existiert.
Ein rohes, beinahe hysterisches D.I.Y.-Album, die Ideen sprühen nur so, nur kann man sie noch nicht so recht kanalisieren. Dennoch eine Reihe von frühen Klassikern, „Love kittens“ oder „Girls who keep goldfish“ begründen die Tradition von Songs über Tiere.
1985 dann der erste Paukenschlag: „A Scandal In Bohemia“ mit einer deutlich tighteren Band, der Butcher hat dem Wahnsinn Methode hinzugefügt, das Songwriting ist deutlich intensiver, es gibt flapsige Nummern, Kinderlieder fürs Irrenhaus, natürlich auch wieder Tiersongs und mit „Girlfriend“ einen ersten Indie-Hit.
Die Mini-LP„Sex And Travel“ aus dem selben Jahr setzt den Kurs in bewährter Weise fort, Albernheiten und clevere Sozialsatire bestimmen die Lyrics, musikalisch erneut eine Tour de Force durch etwa 24 Genres in acht Songs.
„Distressed Gentlefolk“, ein Jahr später erschienen, bietet etwas seichtere Kost, das liegt am gestiegenen Schmuseballaden-Anteil. Dennoch auch hier eine enorme Bandbreite, sehr schlauer Humor und das einzige mir bekannte Liebeslied für Kannibalen.
Leadgitarrist Max Eider darf hier öfter seine Cocktailjazz-Obsession ausleben als zuvor. Die vier Alben fassen die Glass-Epoche zusammen, später dann bei Creation veröffentlichte Fish zwar auch hochanständige Alben, doch ohne Eider fehlte irgendwie der Zauber der Anfangstage.
Eine schöne Box jedenfalls, leider komplett ohne Bonustracks, davon gäbe es ja mehr als genug, angesichts der Schwemme von Singles, die der Butcher zu der Zeit veröffentlicht hat. Und auch das sehr unterhaltsame Live-Album „Hamburg“ wird hier schmerzlich vermisst.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #125 April/Mai 2016 und Markus Kolodziej
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #134 Oktober/November 2017 und Gereon Helmer