Im selben Jahr wie AN AMERICAN CRIME erschien auch THE GIRL NEXT DOOR (nicht zu verwechseln mit dem Elisha Cuthbert-Vehikel), die Verfilmung des bereits 1989 entstandenen Romans von Jack Ketchum, der sich ebenfalls auf den Likens-Fall bezieht, sich allerdings wesentlich mehr Freiheiten herausnimmt.
Regisseur Gregory Wilson hat sich dabei vor allem für den Horroraspekt der Geschichte interessiert und so werden hier die Folterungen in den Vordergrund gerückt. Es gibt sogar eine Art klassischen Showdown, auch wenn Likens, die hier Meg Loughlin heißt, am Ende ebenfalls stirbt.
Das ist eher mal Stoff für Eli Roth-Fans, was nicht heißt, dass THE GIRL NEXT DOOR keine verstörende Wirkung besitzen würde, allerdings hält sich die Anteilnahme des Zuschauers in Grenzen.
Denn der wird überwiegend zum distanzierten Voyeur degradiert, alleine schon durch den Kunstgriff, einen der beteiligten Nachbarsjungen zur Hauptfigur zu machen und dessen Perspektive in den Mittelpunkt zu stellen.
Die Schauspieler sind eigentlich nicht übel, aber THE GIRL NEXT DOOR wird nie so richtig den leicht anrüchigen B-Movie-Stallgeruch los, der der Inszenierung anhaftet. Das sah wohl die FSK ähnlich, die JACK KETCHUM'S EVIL mit "keine Jugendfreigabe" bewertete und damit den exploitativen Charakter des Films rügte, in dem die eigentliche Tragödie auf seine Schauwerte reduziert wird.
Oder wie es ein amerikanischer Kritiker ganz gut auf den Punkt brachte: "Ultimately, the film is deeply disturbing in all the wrong ways." So richtig viel zeigt der Film letztendlich aber auch nicht, da muss man schon zu Ketchums Buch greifen, in dem die physischen Misshandlungen wesentlich deutlicher dargestellt werden, was manche Kritiker bereits für Gewaltpornographie hielten, während Stephen King ein großer Fan von Ketchums Literatur ist.
Man muss schon einen gewissen Gefallen an abseitigen Filmen haben, um JACK KETCHUM'S EVIL goutieren zu können, der ebenfalls seit Mai bei uns auf DVD erhältlich ist. Ein schönes Double Feature geben JACK KETCHUM'S EVIL und AN AMERICAN CRIME aber dennoch ab, denn wer A sagt, muss bekanntlich auch B sagen, also sollte man sich schon beide Filme zu Gemüte führen, jeweils aber im englischen Original, denn beide Synchronisationen sind mal wieder nicht das Gelbe vom Ei.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #79 August/September 2008 und Thomas Kerpen