I SPIT ON YOUR GRAVE

In DIRTY HARRY IV - DIRTY HARRY KOMMT ZURÜCK von 1983 meint Dirty Harry Callaghan: „Revenge is the oldest motivation known to mankind.“ Diesem Impuls folgt auch das Vergewaltigungsopfer in Clint Eastwoods sleaziger Fortsetzung seiner Erfolgsserie und nimmt blutige Rache an den Tätern.

Fünf Jahre zuvor entstand mit Meir Zarchis berühmt-berüchtigten Rape & Revenge-Thriller I SPIT ON YOUR GRAVE, auch bekannt als DAY OF THE WOMAN, mit Camille Keaton (Buster Keatons Enkelin) in der Hauptrolle ein Film mit ähnlichem Thema, der weltweit Anlass für heftige Diskussionen und Zensurmaßnahmen wurde und den Roger Ebert für den schlechtesten Film aller Zeiten hält, ebenso wie übriegens das Remake.

In Deutschland ist Zarchis Film unter dem Titel ICH SPUCK AUF DEIN GRAB sogar beschlagnahmt worden, als Folge der in den Achtzigern entbrannten Hexenjagd auf den Schmutz und Schund aus den Videotheken, der die friedliche Idylle hiesiger Kinderzimmer bedrohte.

In diesem Zusammenhang wirkte natürlich auch I SPIT ON YOUR GRAVE wie die filmische Entsprechung der Büchse der Pandora, durch die alles Böse über die Welt hereinbrach. Das sah allerdings die Universitätsprofessorin Carol J.

Clover in ihrem 1992 veröffentlichten Buch „Men, Women, and Chain Saws“ ganz anders, die sich darin auf clevere wie analytische Weise gegen Vorwürfe wehrt, dass Slasher-Filme nur alleine dazu dienen, damit sich Männer an dem Leiden weiblicher Opfer ergötzen können, sondern dass darin auch ein emanzipatorischer Akt zu sehen ist, wenn schließlich das „final girl“ den männlichen Widersacher besiegt.

Besonders angetan hatte es ihr darin auch der als frauenfeindlich diskreditierte I SPIT ON YOUR GRAVE, in dem sich die New Yorker Schriftstellerin Jennifer Hills in ein Ferienhaus auf dem Land zurückzieht, um dort ihr erstes Buch zu schreiben.

Es dauert nicht lange, bis einige Hinterwäldler Hills einen Besuch abstatten, die in der attraktiven unabhängigen Frau aus der Großstadt offenbar eine Art Bedrohung sehen und diese brutal vergewaltigen.

Schließlich fordern sie den geistig zurückgebliebenen Matthew auf, Hills umzubringen, was dieser aber nicht tut. Und so kann die schwer mitgenommene Frau wieder zu Kräften kommen und in ähnlich drastischer Weise Rache an ihren Peinigern nehmen, wodurch das von Slasher-Filmen gewohnte Täter-Opfer-Verhältnis bezüglich der Geschlechterrollen quasi umgekehrt wird. Aufgrund ihrer simplen Botschaften ist diese Story natürlich alles andere als Pulitzer-Preis verdächtig, aber Zarchis drastische Darstellung von sexuell motivierter Gewalt zeigt immer noch Wirkung und lässt kaum irgendwelche Befürchtungen aufkommen, jemand könnte sich dadurch zur Nachahmung angestiftet fühlen.

Insofern ist I SPIT ON YOUR GRAVE nach wie vor ein „very very guilty pleasure“ aus einer Zeit, als die 42nd Street in Manhattan das kulturelle Zentrum des amerikanischen Grindhouse-Kinos war, das ja gerade wieder eine seltsame Renaissance erlebt, ohne dass Mainstreamschrott wie MACHETE auch nur ansatzweise dessen kontroverse Qualitäten wiederbeleben könnte.

Da muss erst Zarchi selbst wieder aus irgendeinem Loch gekrochen kommen, um sich als Produzent an Steven R. Monroes Remake seines Films zu beteiligen, was möglicherweise dazu geführt hat, dass I SPIT ON YOUR GRAVE eine der bösesten und brutalsten Neuauflagen eines vermeintlichen Klassikers des 70er-Jahre-Horrorkinos geworden ist.

Die Handlung wurde zwar nur minimal verändert, dafür darf sich Jennifer Hills (Sarah Butler) bezüglich der Bestrafung ihrer Widersacher expliziter und kreativer austoben, so wie auch der Film insgesamt wesentlich stylischer und aufwändiger bezüglich der Effekte umgesetzt wurde. Insofern gab es in Deutschland für Sunfilm nicht den Hauch einer Chance, dieses Remake ungeschnitten auf DVD zu veröffentlichen.

Dafür erschienen Original und Remake inzwischen bei der österreichischen Firma Illusions Unltd. in vollständigen Fassungen mit deutscher Tonspur – Zarchis recht billig gedrehter Film macht auch qualitativ einen sehr guten Eindruck –, was Anlass für ein gepflegtes abendliches Double Feature bietet – aber lieber die Knabbereien weglassen.