I AM YOU – TÖDLICHE SEHNSUCHT

Auch weiterhin wird mir der tiefere Sinn verschlossen bleiben, warum man englischsprachige Filme in Deutschland mit alternativen englischen Titeln versieht, denn eigentlich heißt das Spielfilmdebüt der Australierin Simone North IN HER SKIN.

„Based on a true story“ lautet das Motto hier mal wieder, denn I AM YOU basiert auf einem Mordfall in Melbourne aus dem Jahr 1999, bei dem die 15-jährige Rachel Barber von ihrer früheren Babysitterin Caroline Reed Robertson mit einem Telefonkabel stranguliert wurde.

Ein erschreckender wie tragischer Fall, an dem selbst Psychologen verzweifelten, denn Robertson, die gar nicht dem gewohnten Bild einer Mörderin entsprach, hatte sich eines Tages dazu entschlossen, Barbers Leben auszulöschen, um so quasi deren Persönlichkeit in sich aufzunehmen.

Denn während Barber hübsch und beliebt war, litt Robertson unter extremen Minderwertigkeitskomplexen und fühlte sich fett, hässlich und wertlos. Glücklicherweise begeht North nicht den Fehler, wie viele andere True-Crime-Filme nur die bekannten Tatsachen langweilig wiederzukäuen, sondern versucht auf einer sehr menschlichen Ebene für das Grauen dieser Tat passende Bilder zu finden, ohne dabei irgendwelche Erklärungen zu liefern, die es ja nun mal nicht gab.

Zum einen zeigt die Regisseurin dabei die Fassungslosigkeit der Eltern (Guy Pearce und Miranda Otto), die der Verlust ihrer Tochter in einen Zustand völliger emotionaler Verwirrung versetzt.

Zum anderen liegt der Fokus gegen Ende immer stärker auf der Täterin, deren angsteinflößende Geisteskrankheit die eher unbekannte Ruth Bradley unglaublich anschaulich auf die Leinwand bringen kann.

Wer bei I AM YOU einen handelsüblichen Thriller erwartet, wird hier eher enttäuscht werden, dafür liefert North einem eine düstere, aber schön fotografierte Geschichte über Irrsinn, Mord und Verlust.