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HAARE AUF KRAWALL

Connie Mareth, Ray Schneider

Zwanzig Jahre nach der Erstveröffentlichung gibt es nun eine überarbeitete und erweiterte Neuauflage des Buchs über die Subkultur in Leipzig von den späten Siebzigern bis in die Nachwendezeit. Berichtet wird die Geschichte nicht von szenefremden Historiker:innen, vielmehr erzählen dreißig Protagonist:innen ihre Geschichte selbst. Punks, Fußballfans, Grufties, Skater und auch Skinheads – keine Faschoglatzen – kommen zu Wort, beschreiben ihren Alltag, ihre Kämpfe um Freiräume außerhalb des DDR-Alltags, aber auch die Repression durch Staat, Stasi, Knastaufenthalte und den Verrat durch Freunde. Eingebettet werden die Storys in den historischen Kontext der DDR-Geschichte, des internationalen Geschehens und der Stadt Leipzig. So entwickelt sich eine ganz eigene Geschichtsschreibung, bunt, lebendig aber auch schonungslos offen, fernab von einer reinen Aneinanderreihung von Zeitzeugengesprächen. Natürlich geht es auch um Punkrock, die Bands WUTANFALL, L’ATTENTAT und DER SCHWARZE KANAL. Auch die Erweiterung um die drei Beiträge aus der Wendezeit rundet das Bild anschaulich ab und zeigt die Kontinuität des Strebens nach Freiräumen auch in der wiedervereinigten Bundesrepublik, wie die Hausbesetzungen und das Entstehen von Conne Island im Stadtteil Connewitz. Aber auch das Erstarken der Neonazi-Szene in den späten Achtzigern wird thematisiert. Optisch hat der Band ebenfalls einiges zu bieten. Daneben gibt es noch ein umfangreiches Glossar, so dass man dem auch als Wessi folgen kann. Allen, die sich für die Geschichte des Punk interessieren, lege ich „Haare auf Krawall“ ans Herz. Für mich eines meiner Bücher des Jahres!