Verrückte neue Welt: Die Franzosen GLORIOR BELLI geben sich auf den ersten Blick die größte Mühe, allerlei Black Metal-Klischees zu erfüllen - so posieren sie in Mönchskutten und mit Corpsepaint, benutzen Schwarz/Weiß-Ästhetik, erwähnen hier und da den Höllenfürsten - ergeben sich dann aber doch dem Myspace-Diktat, das da heißt: Freunde sammeln.
Was natürlich nicht wirklich zum Bild eines zurückgezogenen, übellaunigen Misanthropen passt. Die üblichen Vorurteile verschwimmen dann weiter, wenn man sich näher mit GLORIOR BELLIs zweitem Album "Manifesting The Raging Beast" beschäftigt.
Zwar finden sich auch hier allerlei genretypische Elemente, die die Platte herrlich kalt, böse und aggressiv klingen lassen, da ist aber auch dieser NEUROSIS-Einfluss und diese unterschwellige, unheimlich bewegende Melodik, die "Manifesting The Raging Beast" zu etwas Besonderem macht.
Melodie heißt hier gewiss nicht Kirchenchoräle oder gar Keyboardbombast, sie zeigt sich vor allem in der fantastischen Gitarrenarbeit, hier und da auch beim sonst charakteristisch krächzenden Gesang.
Die großartige Gitarrenmelodie in dem überraschend eingängigen "Said Lucifer in twilight" oder das wunderbar schräge Gitarrensolo am Ende von "Altered verses" sind da nur Beispiele für ein Wissen, wie man den Hörer an seine Musik fesseln kann.
Trotzdem könnten GLORIOR BELLI nicht weiter entfernt vom Black Metal-Mainstream sein, sonst wären sie ja auch nicht bei Southern Lord untergekommen. "Manifesting The Raging Beast" macht so verdammt süchtig, dass ich das Pariser Trio ob dieses Geniestreiches zu meinen Freunden machen würde; angenommen ich sollte mich mal tatsächlich bei Myspace anmelden (eher friert die Hölle zu!).
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© by Ox-Fanzine - Ausgabe #74 Oktober/November 2007 und André Bohnensack
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #99 Dezember 2011/Januar 2012 und André Bohnensack