Ich glaube heute kann sich keiner mehr vorstellen, mit was für einem Urknall 1974 die Songs von Frank Zander in den heilen, heiligen, deutschen Schlagerhimmel einschlugen und ihn grundlegend revolutionierten.
Als Kind hatte man damals wirklich nichts zu lachen! Bei Familienfeiern musste man trockenen Kuchen mit ungesüßter Schlagsahne essen und Peter Alexander hören oder bestenfalls James Last.
Da wirkte "Der Ur-ur-Enkel von Frankenstein" wie ein Song von einen anderen Planeten und die Erwachsenen schüttelten nur den Kopf, wenn wir uns über "die Menschenmassenproduktion" amüsierten und mit den hörspiel-esken Soundspielereien konnten sie überhaupt nichts anfangen.
Da quietschte, knallte und ratterte es überall und die typischen Liedstrukturen wurden komplett ausgehebelt. Natürlich könnte ich jetzt auch darüber philosophieren, wie fortschrittlich und zukunftsweisend die musik-technische Arbeitsweise von Frank Zander war.
Er erfand ganz nebenbei den deutschen Sprechgesang, nutzte konsequent moderne Elektronik und bastelte sich im Multitrack-Verfahren komplette eigene Welten und Charaktere zusammen. Er führte die Beatbox und Groteske in den Schlager ein und produzierte Songs, die man ohne Übertreibung als Pre-NDW bezeichnen kann! Mit seinen teilweise sehr morbiden und schwarzem Humor und Bildern war er, wenn man so will, auch noch ein Vorbereiter des Gothic-Styles.
Neben den beiden kompletten und remasterten Originalalben, gibt es noch rares und gesuchtes Bonusmaterial aus dem Archiv. Hervorragend ist auch die liebevolle Gestaltung dieser Doppel-CD: Ein aufklappbares Hardcover mit 16-seitigen Beiheft, das informative Linernotes und unveröffentlichte Fotos enthält.
Kult! (10)
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #71 April/Mai 2007 und Carsten Vollmer