Da denkt man immer, man habe so halbwegs einen Überblick über das, was in den letzten 20 Jahren musikalisch so geschah, und dann erwischt einen so ein Rerelease völlig kalt: Ich hatte von den FIELD MICE noch nie etwas gehört, und das, obwohl ich eigentlich zwischen 1989 und 1991 durchaus aufmerksam das musikalische Geschehen auch in Enland verfolgte.
Obwohl, ich glaube, das "Problem" liegt darin, dass ich mich in jener Zeit mehr für Punk und Hardcore interessierte als für englischen Gitarrenpop, der allerdings klingt, als wäre er schon Mitte der Achtziger entstanden.
Vielleicht war das ja auch immer ein Problem der in London ansässigen Band, die mal jemand als "missing link" zwischen NEW ORDER und den SMITHS bezeichnet hat (eigentlich dämlich, da die beide ja aus einer anderen Zeit stammen), andere hingegen fühlten sich an OMD erinnert (was ich nicht nachvollziehen kann, aber gut, mit meinem hiermit gemachten CHAMELEONS-Vergleich stehe ich vielleicht auch recht alleine da).
Wie auch immer, die FIELD MICE gingen bislang an mir vorbei, zu Unrecht, wie ich feststellen muss, denn ihr supersanfter, schwebender, wattiger Indiepop fand seinerzeit nicht von ungefähr eine kleine, aber sehr dedicated Fangemeinde, ja Sarah Records, ihr Label, wurde Kultstatus zugesprochen.
Und einen neuen Genrebegriff, der mir bislang ebenfalls fremd war, habe ich auch gelernt: "twee-pop", der mit dem C-86-Movement auf der einen Seite des Atlantiks und K Records auf der anderen in Verbindung gebracht wird: jangly Gitarrenpop von einer gewissen naiven Simplizität und Verträumtheit, und diese Beschreibung passt fast durchgehend auf die drei Alben der FIELD MICE, wobei auf "For Keeps" auch noch so eine gewisse Psychedelic-Komponente à la SPACEMEN3 in Spiel kommt und bei "Missing the moon", wohl sowas wie ein Hit, eine starke Elektro/Dance-Komponente.
Die Rereleases kommen natürlich mit reichlich Bonustracks (Singles etc.) und ausführlicher History im Booklet. Das gilt auch für das Album von NORTHERN PICTURE LIBRARY, der Nachfolgeband, die "Alaska" 1993 veröffentlichte und wo der musikalische rote Faden klar erkennbar ist.
Sehr dreamy, das alles, und irgendwie auch gar nicht so weit entfernt von dem, was AIR Jahre später machten. Vier CDs zum Schließen musikalischer Lücken, zum späten Entdecken und Vinylersetzen.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #60 Juni/Juli 2005 und Joachim Hiller