Foto

FEAR AND LOATHING IN LAS VEGAS

Hunter S. Thompson, der sich 2005 durch einen Kopfschuss das Leben nahm, dürfte ähnlich wie Bukowski eine der radikalsten Gestalten der amerikanischen Kulturlandschaft sein, ohne dass man die beiden direkt miteinander vergleichen könnte.

Ein Schriftsteller/Journalist, der sich auf sehr subjektive Art zum Teil seiner Reportagen und Bücher machte, zwischen Realismus und Irrsinn, wofür „Fear and Loathing in Las Vegas“ von 1971 eines der besten Beispiele sein dürfte.

Ein halluzinogener, an sich unverfilmbarer Trip, der damit beginnt, dass Journalist Raoul Duke nach Las Vegas geschickt wird, um über ein Motorradrennen in der Wüste zu berichten und schließlich unter exzessivem Drogeneinfluss völlig die Kontrolle verliert, verwüstete Hotelzimmer inklusive.

„Wir hatten zwei Beutel Gras, fünfundsiebzig Kügelchen Meskalin, fünf Löschblattbögen extrastarkes Acid, einen Salzstreuer halbvoll mit Kokain und ein ganzes Spektrum vielfarbiger Upper, Downer, Heuler, Lacher ...

sowie einen Liter Tequila, eine Flasche Rum, eine Kiste Bier, einen halben Liter unverdünnten Äther und zwei Dutzend Poppers. Den ganzen Kram hatten wir in der Nacht zuvor zusammengerafft, auf einer wilden Höllenfahrt durch den gesamten Los-Angeles-Bezirk; von Topanga bis Watts griffen wir uns alles, dessen wir habhaft werden konnten.

Nicht, dass wir das ganze Zeug für den Trip wirklich brauchten, aber wenn man sich einmal darauf einlässt, eine ernsthafte Drogen-Sammlung anzulegen, neigt man eben dazu, extrem zu werden.“ Ralph Bakshi hatte bereits mal versucht, die Produzenten von FEAR AND LOATHING IN LAS VEGAS zu überzeugen, daraus einen Animationsfilm zu machen, im Stil von Ralph Steadmans Illustrationen für das Buch, letztendlich wurde dann doch ein Realfilm daraus, mit Johnny Depp und Benicio Del Toro in den Hauptrollen.

Zuerst noch mit Alex Cox (REPO MAN) als Regisseur, der dann von Ex-Monty Python Terry Gilliam ersetzt wurde. An sich genau der richtige Mann für Hunter S. Thompsons surreale literarische Exzesse, für den Filmemachen aber auch immer einem Kampf mit Windmühlen gleichkam, zwischen der Umsetzung seiner künstlerischen Visionen und kommerziellen Interessen.

Bereits 1980 hatte es mit WHERE THE BUFFALO ROAM den Versuch einer Verfilmung des Stoffes gegeben und letztendlich war Gilliam damit nur bedingt erfolgreicher, denn das Publikum hasste seinen Film, der deswegen auch erst wesentlich später seinen Kultstatus erlangte.

So richtig gepackt hatte er mich bei der ersten Sichtung ebenfalls nicht, auch wenn außer Frage stand, dass Gilliams Ansatz durchaus fantasievoll und innovativ war und die selbstzerstörerische Energie der Protagonisten durch die beteiligten Darsteller gut transportiert wurde.

Aber mit wem oder was sollte man sich in so einer, knapp zweistündigen, überdrehten Odyssee voll zugedröhnter Irrer überhaupt noch identifizieren können? Dafür dürfte er die Paranoia und die halluzinogenen Fantasien von Hunter S.

Thompson einigermaßen akkurat abbilden, was ihn nach wie vor zu einem recht anstrengenden Vergnügen macht, was bei einem Mainstream-Publikum schon mal gar nicht funktionieren konnte. Wenn man so will, eine amüsante Verharmlosung von exzessivem Drogenmissbrauch und die krude Demontage des „American way of life“, die immer noch ihre beeindruckenden Schauwerte besitzt, aber nicht zu meinen bevorzugten Filmen von Gilliam gehört.

Inzwischen ist FEAR AND LOATHING IN LAS VEGAS bei uns auch im um zwei Minuten längeren Director’s Cut auf normaler DVD erschienen (auf Blu-ray gab es ihn schon seit letztem Jahr), der lange Zeit der US-Disc von Criterion vorbehalten war.

Die Frage ist allerdings, ob diese beiden Szenen (im Originalton mit deutschen Untertiteln) eine Neuanschaffung rechtfertigen, auch wenn das Bild stellenweise eine deutlich bessere Qualität als die Erstauflage mit der Kinofassung hat.

Ansonsten kommt man als Fan von Gilliams Gesamtwerk nur schlecht an FEAR AND LOATHING IN LAS VEGAS vorbei.