ESOTERRA

Chad Hensley (Editor)

In Zeiten, da man zu jedem Quatsch einen Wikipedia-Eintrag finden kann, also die meisten Informationen recht leicht für jedermann zugänglich sind, mag ein Buch mit Interviews etwas anachronistisch erscheinen.

Aber als Chad Hensley zwischen 1991 und 2000 die neun Ausgaben seines „EsoTerra“-Fanzines in Los Angeles veröffentlichte, sah die Welt noch ganz anders, da fielen einem solche Informationen nicht so einfach in den Schoß und erforderten noch wesentlich mehr Eigeninitiative und das Wissen um bestimmte subkulturelle Zusammenhänge – heute ist ja jeder Trottel Fachmann für alles.

Was heute also kaum noch Eindruck schindet, war damals definitiv beeindruckend, denn in Hensleys in Deutschland wohl weitgehend unbekanntem Fanzine fanden sich Interviews mit und Artikel von Künstlern, Musikern oder Autoren wie Marilyn Manson, H.R.

Giger, Alan Moore, Adam Parfrey, ISIS, Genesis P-Orridge/PSYCHIC TV, David Tibet/CURRENT 93, Stephen O’Malley/SUNN 0))), Joe Coleman, Masami Akita/MERZBOW oder Boyd Rice. Hensley besonderes Interesse galt dabei dem Bereich Okkultismus, der sich wie ein roter Faden durch die Artikel zieht, betont durch die musikalische Konzentration auf den Bereich Industrial und Metal.

Dadurch lässt sich heute viel Fragwürdiges in „EsoTerra“ finden, etwa umstrittene Bands wie STRENGTH THROUGH JOY oder der „Lords of Chaos“-Autor Michael Moynihan, wobei auch das Kokettieren eines Industrial-Pioniers wie Boyd Rice mit dem braunen Sumpf höchst irritierend ist.

Einen mündigen Leser erfordert die Beschäftigung mit solcher „Extreme Culture“ aber so oder so, und Hensleys offener Umgang mit popkulturellen Grauzonen macht auch gerade den großen Reiz seines Fanzines aus.