ERAI. Das ist Japanisch und bedeutet „großartig“. Hoch gegriffen, aber wenn man sich das Debütalbum der Berliner Band so anhört, gar nicht mal abwegig. Die Platte ist ein spannendes Werk, bei dem es viel zu entdecken gibt. Mit nur sechs Songs füllen ERAI mehr als dreißig Minuten. Ihre Tracks sind lang, umfangreich und stellenweise komplex. Das fast zehnminütige „Sanguine, sinking in“ führt von träumerischer Atmosphäre zu wildem Screamo. Insgesamt überwiegen hier ausgedehnte Instrumentalparts, denen allerdings oft kein berauschender Effekt gelingt. Der Beginn von „Mirror“ klingt eher nach einer Jamsession als nach einem ausgeklügelten Intro. Vielleicht sind ERAI zu zurückhaltend. Keine Extreme, wenige Experimente, keine Überraschung. Dennoch: Sie spielen einen ansprechenden Mix aus melodischem Hardcore und tragendem Post-Rock. Es finden sich tausend Einflüsse zwischen THURSDAY und THE NOTWIST. Auch wenn die letzte Überzeugung noch nicht so recht gelingen will, sich wiederholt Langatmigkeit breitmacht. Positiv allerdings: Die stellenweise rohe Produktion erinnert an die alten POLICY OF THREE und verleiht dem Ganzen Charakter. Ebenso das von der Band selbst gestaltete Cover. Hier stecken Herzblut und Perspektive drin. Diese Platte darf sich gerne wieder auf dem Plattenteller drehen. Und ERAI sind auf einem guten Weg, großartig zu werden.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #146 Oktober/November 2019 und Daniel Müller
© by Fuze - Ausgabe #70 Juni/Juli 2018 und Jeannine Michèle Kock
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #138 Juni/Juli 2018 und Daniel Müller