ENEMY

Denis Villeneuves Film „Prisoners“ von 2013 befand sich für knapp vierzig Minuten aufgrund seiner bedrückenden Intensität in den Regionen eines Meisterwerks, bis er dann in einem Mahlstrom aus idiotischen Drehbucheinfällen unterging.

Bei seinem neusten Film „Enemy“ backt Villeneuve produktionstechnisch deutlich kleinere Brötchen, auch wenn erneut Jake Gyllenhaal die Hauptrolle übernahm (besser gesagt eine Doppelrolle).

Die Vorlage lieferte José Saramagos Buch „Der Doppelgänger“ von 2002, in dem es zum Verlust der Identität eines Geschichtslehrers wegen eines Doppelgänger kommt. Das setzte der portugiesische Autor mit einer unkonventionellen experimentellen und philosophischen Erzählweise um – keine leichte Lektüre für den Leser.

Villeneuve interessierte sich dabei vor allem für die vordergründigen Thriller-Elemente der Geschichte in einem Hitchcock’schen Sinne. Allerdings beginnt sein absorbierender und gemächlich erzählter Film mit einer recht surrealen Sequenz mit Anklängen von David Lynch, die eine seltsame Erotikshow in einem Nachtklub zeigt, aber erst mal nicht allzu viel Sinn ergibt.

Gyllenhaal spielt in „Enemy“ den besagten Geschichtslehrer, der in einem Videofilm zufälligerweise einen Darsteller entdeckt, der ihm wie ein Zwillingsbruder gleicht. Diese Entdeckung lässt ihn nicht mehr los und er spürt seinen völlig identischen Doppelgänger in Folge auf, ohne zu ahnen, was das für bedrohliche Folgen hat.

An diesem Punkt verlässt Villeneuve spätestens das Terrain des konventionellen Thrillers und überlässt es dem Zuschauer, wie er das immer surrealer werdende Geschehen deutet. Gibt es überhaupt einen Doppelgänger? Das macht Villeneuves verwirrenden Film letztendlich mehr zu einem Geistesverwandten von Andrzej Zulawskis „Possession“ als von Hitchcock, was auch seinen großen Reiz ausmacht.