Der spanische Filmemacher Luis Buñuel hatte bereits 1929 in Zusammenarbeit mit Salvador Dalí mit dem surrealistischen Kurzfilm „Ein andalusischer Hund“ Filmgeschichte schreiben können. Danach drehte Buñuel konventionellere, wenn auch immer provokante Filme, in denen er das Bürgertum und die Kirche aufs Korn nahm. Auch sein 1934 geborener Sohn Juan Luis Buñuel arbeitete ab 1959 als Filmregisseur, zuerst vor allem als Regieassistent seines Vaters. Sein Film „Eleonore“ („Léonor“) entstand zwei Jahre nach seinem Spielfilmdebüt „Rendezvous zum fröhlichen Tod“. Die Vorlage für „Eleonore“, der jetzt das erste Mal auf Blu-ray (eine DVD gibt es auch) erschien, in deutlich verbesserter Qualität als auf bisherigen DVD-Releases, basiert auf Ernst Raupachs spätromantischem Schauerdrama „Lasst die Toten ruhn“ von 1823, das fälschlicherweise oft Ludwig Tieck zugeschrieben wird, und neben John Polidoris „Der Vampyr“ von 1816 eine der frühesten Vampirgeschichten ist. Buñuel siedelte die Geschichte im Mittelalter des 14. Jahrhunderts an, als in Europa die Pest wütete. Der Ritter und Schlossherr Richard (Michel Piccoli) verliert zu Beginn seine Frau Eleonore (Liv Ullmann) durch einen Reitunfall. Er heiratet in Folge die junge schöne Catherine (Ornella Muti), kommt aber nicht über den Verlust seiner ersten Frau hinweg, die er schließlich durch einen seltsamen Fremder aus dem Reich der Toten zurückholen kann, was schreckliche Folgen hat. Wer hier einen konventionellen Horrorfilm erwartet, den wird „Eleonore“ sicher enttäuschen, denn Buñuel verzichtet auf die typischen Elemente des Genres und schafft stattdessen in gemächlichem Tempo eine eher poetische Gothic-Horror-Atmosphäre, naturalistisch bebildert von „Suspiria“-Kameramann Luciano Tovoli, und unterstützt von einem sehr düsteren, disharmonischen Morricone-Score.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #170 Oktober/November 2023 und Thomas Kerpen