EL BOSSO & DIE PING PONGS

Tag vor dem Abend

Markus Seidensticker, besser bekannt als El Bosso, scheint nach dem Erfolg der „SKADIOLAS meet himself“-Scheibe wohl auch wieder Lust auf seine PING PONGS gehabt zu haben (oder umgekehrt?). Jedenfalls meldet sich die Band mit „Tag vor dem Abend“ nach 20 Jahren zurück (die Best-Of-Werkschau und Live-Sachen mal nicht mitgerechnet).

Ich muss vorwegnehmen, dass ich mich selten mit einem Review so schwergetan habe und kurzzeitig überlegte, es abzulehnen, weil „El Bosso Meets The Skadiolas“ auf dem hauseigenen Label rauskam und ich mich schon mit dem Vorwurf konfrontiert sehe, die PING PONGS aus Konkurrenzgründen schlechter zu bewerten.

Aber lassen wir das. Fakt ist, ihr bekanntester Song und stetes Motto „Immer nur Skaaaa“ scheint bei den PING PONGS nicht mehr so hoch im Kurs zu stehen. Stattdessen öffnet man sich fast vollends dem Mainstream und es dominieren jetzt Funky Beats, HipHop, viele Pop- und einige Soul-, Reggae- und Ragga-Elemente den modernen Sound.

Freunde des klassischen PING PONGS-Repertoires könnte dies ab und an überfordern, sollten aber unbedingt der Scheibe eine Chance geben. Was hier an guter Laune und perfekt arrangiertem Bosso-Flair aus den Boxen schallt, geht halt mit der Zeit.

Die Toleranz der Ska-Puristen dagegen dürfte nach dem Anfangstitel „Nicht das erste Mal“ – ein eher misslungenes HipHop/Ragga-Fiasko – schon weit überschritten sein. Ganze zwei Songs von insgesamt 14 Tracks würde ich dem 2Tone zurechnen und das gelungene Desmond Dekker-Cover ist ebenfalls nicht zu verachten.

Mit Song Nr. 10 gibt’s dann auch für mich ein absolutes Sahnestückchen, nämlich das stark an Farin Urlaub erinnernde „Wo die Mitte liegt“. Schlichtweg ein perfekter Mitreißer, der sich sofort zu dem absoluten Lieblingslied der letzten Monate entwickelt hat.

Überhaupt scheinen die Ping Pongs eine Menge aktuelles Zeugs von SEEED, Clueso, Jan Delay oder der letzten Lindenberg-Platte konsumiert zu haben. Nur manchmal kann die Altherrenriege ihre Achtziger-Jahre-Jugend trotz des aufgepimpten Sounds nicht verleugnen und so gibt’s mit „Word up“ ein gelungenes von CAMEO-Cover.

Textlich bewegt man sich wie eh und je in eher seichteren Gewässern. Mal mehr, mal weniger hoher Spaßfaktor (wie bei„Mädchenmusik“ oder dem sehr strangen METALLICA-Seitenhieb) wechselt sich ab mit gut durchdachten Lyrics und dann wieder Fremdscham („Prinzessin“) und Stirnrunzeln („Tag vor dem Abend“).

Ein Refrain wie „Wir sind die, vor denen deine Eltern stets gewarnt haben“ hätte ich eher von der Invasion der Onkelz-Klone erwartet. Lieber Herr Bosso, dafür bist du doch viel zu nett ...